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Die Geister, die ich rief: Der 20. Januar des Donald Trump

Sabah Alnasseri

Sie können sich nicht vertreten, sie müssen vertreten werden. Ihr Vertreter muß zugleich als ihr Herr, als eine Autorität über ihnen erscheinen, als eine unumschränkte Regierungsgewalt, die sie vor den andern Klassen beschützt und ihnen von oben Regen und Sonnenschein schickt (Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte).

An einem bestimmten Punkt ihres geschichtlichen Lebens lösen sich die gesellschaftlichen Gruppen von ihren traditionellen Parteien, das heißt, die traditionellen Parteien in dieser gegebenen Organisationsform, mit diesen bestimmten Männern, die sie bilden, sie vertreten oder führen, werden von ihrer Klasse oder Klassenfraktion nicht mehr als ihr Ausdruck anerkannt. Wenn diese Krisen eintreten, wird die unmittelbare Situation heikel und gefährlich, weil das Feld frei ist für die Gewaltlösungen, für die Aktivität obskurer Mächte, repräsentiert durch die Männer der Vorsehung oder mit Charisma (Gramsci, Gefängnishefte).

Die turbulenten US-Wahlperioden der letzten 17 Jahre beinhalteten radikale Verschiebungen in der Zusammensetzung der jeweiligen Regierungen, von religiös-fundamentalistisch/-neokonservativ, liberal bis hin zu rechtsextremistisch, wobei unterschiedliche ideologische Ansätze zur Debatte standen. Diese Auseinandersetzungen sind ein Indikator für inter – und intrafraktionelle Konflikte innerhalb der herrschenden Klasse und deren politische Vertretungen in Bezug auf die Wirtschafts-, Sozial-, Finanz-, Außen- und Sicherheitspolitik. Die ideologische Aufrüstung um Zuschreibungen wie Schwarz, Weiß, Geschlecht, Ethnizität, Religion etc. der Stammwähler war das Mittel, mit dem diese Konflikte ausgetragen wurden. Nie wurden die Spaltungen so extrem zugespitzt wie bei den letzten Wahlen, bei denen sich unterschiedliche Wählergruppen gemäß dieser Zuschreibungen gruppierten. Die Verschärfung persönlicher Angriffe und ideologischer Grabenkämpfe gegen Ende der Wahlkampagnen machten das Wahlergebnis alles andere als sicher.

Vom Beginn bis ziemlich ganz zum Schluss der Wahlkampagnen gingen Befragte, Demoskopen und Medienkonzerne davon aus, dass Hilary Clinton die Präsidentschaft mit einem Erdrutsch gewinnen würde. Donald Trump galt als unfähig, auch nur die Vorwahlen und die Nominierung der Republikanischen Partei zu gewinnen, geschweige denn die Präsidentschaft. Mit dem Slogan „Make America Great Again“ gewann Donald Trump nicht nur die republikanische Kandidatur, sondern er wurde schließlich zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Wie kam es dazu?

Beginnen wir bei den neuesten Entwicklungen, um uns dann bis zum Beginn zurück zu arbeiten. Zunächst die guten Nachrichten: 50% der Wahlberechtigten stimmten gar nicht ab. Hillary Clinton hatte bei den Vorwahlen einen Vorsprung von 3 Millionen Stimmen gegenüber Donald Trump. Bernie Sanders, der äußerst populäre demokratische Kandidat, der Wellen von Unterstützern mobilisieren konnte, hätte eventuell sogar gewinnen können, wenn die demokratische Partei ihn als ihren Kandidat nominiert hätte. Die Inaugurationsfeier von Trump war die am wenigsten besuchte Amtseinführungszeremonie seit Jahrzehnten. Außerdem gab es Protestwellen in den USA und weltweit, vor allem den Marsch der Frauen, der das größte Event seit den Protesten gegen den Vietnamkrieg darstellte. Der erste Versuch wie auch die revidierte Maßnahme Trumps zur temporären Einwanderungssperre wurden von verschiedenen Richtern gestoppt. Die Absicht, Obamas Gesundheitsfürsorge zurückzunehmen und sie durch ein kapitalfreundliches Paket zu ersetzen, fand nicht einmal innerhalb der republikanischen Partei Zustimmung. Dem sogenannten Freedom Caucus, also den Marktfetischisten, war das Paket nicht ausreichend marktwirtschaftlich gestaltet, und den Konservativen ging es zu weit. So schaffte es das Paket nicht einmal zur Abstimmung im Kongress.

Und nun zu den negativen Entwicklungen: In dem Moment als Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten eingesetzt wurde, verschwanden Lesben-, Schwule, Bisexuelle- und Transgender-, Klimawandel-, Gesundheits- und Bürgerfreiheits-Seiten von der Webseite des Weißen Hauses. Die Seite für die Bürgerrechte wurde durch eine mit dem Titel „Standing Up For Our Law Enforcement Community“ ersetzt.

Ergänzend zur Entfernung der Seite, die früher dem Thema Klimawandel gewidmet war, hat Trump auch sonst alle spezifischen Erwähnungen von „Klimawandel“ und „globaler Erwärmung“ gestrichen. Stattdessen wurde Trumps „America First Energy Plan“ hochgeladen, eine Webseite, die die Beseitigung von Vorschriften, darunter Präsident Barack Obamas „Klimaprogramm“ zur Bekämpfung der Ursachen der globalen Erwärmung fordert. Außerdem hat Trump die Umweltschutzbehörde (EPA) des Landes mit einer Medienblockade belegt und die Mitarbeiter davon abgehalten, neue Verträge oder Zuschüsse zu vergeben.

Trump ist der Präsident, der bisher ausschließlich durch Dekrete regiert. Er hält nicht viel von der gesetzgebenden Versammlung. Seit seiner Amtseinführung wurden all seine Entscheidungen als Exekutivmaßnahmen vorgelegt. Die folgenden sind nur eine Momentaufnahme aus der langen Liste seiner Dekrete.

Als erstes hat Trump zwei Exekutivmaßnahmen auf den Weg gebracht, um den Bau der Keystone XL und der Dakota Access Pipelines voranzubringen. Die Pipeline läuft von Kanada zu US-Raffinerien an der Golfküste. Die Pipeline soll Öl von North Dakota über South Dakota und Iowa zu einer Verteiungsstelle in Illinois bringen.

Weiterhin hat er ein Dekret unterzeichnet, mit der das Land sich offiziell vom Handel der Trans-Pacific Partnership (TPP) verabschiedet hat. Darüber hinaus hat er weitere Maßnahmen, die in Richtung Protektionismus gehen (Überprüfung der Handelsdefizite der USA, Auflagen auf importierten Stahl aus Deutschland, Japan etc.), veranlasst. In diesem Kontext versprach er bei seinem Treffen mit einem Dutzend Industrieller im Weißen Haus, die Verordnungen zu vereinfachen, die Körperschaftssteuern zu senken und Produktionsanlagen wieder zurück in die USA zu bringen.

Trump hat auch mehrere Exekutivbefehle unterzeichnet, die die Rechte von Einwanderern, Asylbewerbern, Flüchtlingen und Besuchern aus sechs arabischen/islamischen Ländern – im ersten richterlich zurückgewiesenen Entwurf gehörte der Irak noch dazu – einschränken. Auch Schritte des Department of Homeland Security bezüglich des Mauerbaus an der mexikanischen Grenze wurden eingeleitet. Dagegen gibt es seitdem nicht nur massive Proteste in der USA und weltweit, sondern es ist auch ein ernsthafter Konflikt zwischen der Exekutive und der Judikative sowie zwischen dem Weißen Haus und verschiedenen Staaten und Städten in den USA entstanden.

Darüber hinaus wird Trump auch Dekrete in Bezug auf die sogenannten Zufluchtsstädte (sanctuary cities) unterzeichnen, in denen lokale Beamte sich weigern, mit föderalen Einwanderungsbehörden zusammenzuarbeiten, um nicht dokumentierte Einwanderer für die Abschiebung zu übergeben. Er beabsichtigt ebenfalls, das Deferred Action Programm zu beenden. Das Programm ermöglicht es mehr als 750.000 Einwanderern ohne Dokumente, die als kleine Kinder in das Land kamen, ohne Angst vor Abschiebung in den USA zu leben und zu arbeiten.

Zusätzlich zur Mauer entlang der mexikanischen Grenze will Trump auch das nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) mit Mexiko und Kanada neu aushandeln und drohte, dass er den Pakt aufgeben werde, wenn die USA keinen „fairen Handel“ bekämen.

Außerdem unterzeichnete Trump eine Richtlinie, die die Bundesfinanzierung für internationale Nichtregierungsorganisationen verbietet, die Abtreibungen im Ausland durchführen.

Und letztlich: Trump gebührt der Verdienst, den Drittweltländern das exklusive Recht auf Nepotismus streitig zu machen. Das Familienoberhaupt Trump samt Familie wird die Regierungsgeschäfte wie seine eigenen Familiengeschäfte führen und umgekehrt, und zwar buchstäblich! In einem Fernsehinterview bekannte er sich kürzlich ausdrücklich und wörtlich zum Nepotismus.

Um deutlich zu machen, wie es zu diesen Entwicklungen kommen konnte, werde ich zunächst den historischen Hintergrund dafür skizzieren. Dann gehe ich kurz auf die Krise von 2007-8 ein. Im dritten Schritt werde ich die Krise der Parteien und der Ideologie diskutieren. Dann beschreibe ich Sanders, Trump, Clinton und die Parteien, Trumps Wahlkampagne, seine Wähler , das, was man die republikanische Arbeiterpartei nennen kann, sowie Trumps Regierungsmitglieder. Schließen werde ich mit einigen Bemerkungen über die aktuelle Krise.

1. Historischer Hintergrund

Wir müssen drei verschiedene, doch verwandte Pfade rekonstruieren, die uns helfen werden, die gegenwärtige Situation zu verstehen.

Erstens hat die neokonservative Wende seit dem Ende der sechziger Jahre verschiedene demokratische Kräfte zurückgedrängt, insbesondere Antikriegsbewegungen, Bürgerrechtsbewegungen, Frauenbewegungen, Arbeiterkämpfe usw. Das in diesem Zusammenhang von Huntington geäußerte Argument war, dass der schlimmste Feind der Demokratie die Demokratie selbst sei: Diese kämpfe für soziale Rechte, politische Repräsentation, Rechenschaftspflicht, Transparenz, Gleichheit usw. Solche demokratischen Exzesse machten es für das System schwer, sie zu kontrollieren. So bestand seine Empfehlung darin, konservative, freie marktwirtschaftliche Werte zu fördern: Religion, Familie, Sicherheit und Privateigentum. Diese Doktrin hat zu einem neokonservativen Schub innerhalb der republikanischen Partei beigetragen, der seinen Ausdruck in der Wahl von Reagan im Jahr 1980 fand. Seitdem trugen nicht nur diese Partei, sondern auch gesellschaftliche Bewegungen, Think Tanks und wohlhabende Protagonisten diese Werte in die Gesellschaft und popularisierten sie. Der Kern dieser Werte ist weiß-christlich, rassistisch und militaristisch, lebt vom Glauben an die Superiorität der weißen Rasse und begründet sich aus dem Anspruch der Siedler-Kolonialisten auf politisch-kulturelle Hegemonie in den USA. Dieses Dogma fand seinen Ausdruck in der Wahl von Bush im Jahr 2000, der Bildung der Tea-Party-Bewegung im Jahr 2009, und zuletzt in der Wahl von Trump zum Präsidenten.

Zweitens verursachte die Krise der demokratischen Partei seit den 80er Jahren in den 90er Jahren unter Clinton einen Wechsel zum sogenannten dritten Weg, der nicht nur ihre bisherige soziale Basis – Arbeiterklasse und Minderheiten – schwächte und an die neue Mittelklasse appellierte, sondern auch einen Wettbewerb mit der republikanischen Partei in Bezug auf die politische Repräsentation des neoliberalen Projekts einleitete. Die Wahl von Bill Clinton im Jahr 1992 eröffnete das Come-Back einer neuen, nun neoliberalen demokratischen Partei. Diese – um mit Schumpeter zu sprechen – „schöpferische Zerstörung“ fand ihre Institutionalisierung im Jahr 1994 mit dem Abschluss des NAFTA-Vertrags mit Kanada und Mexico. Diese Realisierung des Freihandels-Dogmas trug zu einer massiven De-Industrialisierung, zu Massenarbeitslosigkeit, zu Lohndumping, zu ökologischen Katastrophen und zur einer massiven Überschuldung der popularen Klassen (vor allem des afro-amerikanischen Teile der Arbeiterklasse) bei, die durch die Finanzialisierung der Wirtschaft und die Deregulierung der Finanzmärkte Ende der 90er Jahre verstärkt wurde. Es war auch Clinton, der die Kriege in Ex-Jugoslawien startete, die Einhaltung von völkermörderischen Sanktionen gegen den Irak und die Schaffung der Bedingungen für den Regimewechsel in diesem Land ebnete, der von der Bush-Regierung im Jahre 2003 durchgeführt wurde.

Drittens gab es die Abenteuerkriege von Bush. Sie verursachten nicht nur den Tod und die Vertreibung von Millionen von Menschen, sondern erhöhten auch die Militärausgaben in einer solchen Größenordnung, dass sie als eine der Ursachen der Krise von 2007 betrachtet werden müssen. Diese Krise war die schlimmste seit den 1930er Jahren, deren globale Auswirkungen noch immer nicht eingeschätzt werden können. Die vielfältigen Auswirkungen dieser Krise auf die popularen Klassen übertrafen alles, was dieses Land seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt hatte. Schlimmer noch: Die Wahl von Obama im November 2008, die Hoffnung für die „Verdammten der Erde“ (Fanon) gab, erwies sich als eine Fata Morgana. Obama ließ nicht nur die Armen draußen in der Kälte stehen, er pumpte unvorstellbare Geldsummen in den Bankensektor und führte eine Politik des billigen Geldes ein, also eine quantitative Lockerung, die eben die Finanzinstitutionen rettete, die die Krise in erster Linie verursacht hatten. Diesmal war es nicht die Linke, sondern die neokonservative Tea-Party-Bewegung, die sich dieser klassen-chauvinistischen Politik entgegenstellte. Occupy war eine späte, gescheiterte Episode im Kampf gegen die finanzielle Aristokratie.

2. Die mehr als nur Finanzkrise von 2007-2008

Die Finanzkrise von 2007-8 hatte verheerende Auswirkungen auf die verarbeitenden Industriesektoren, Finanz- und Handel. Es war das blinde Vertrauen in die Markteffizienz, das die Deregulierung des Banken- und Finanzsektors Ende der 90er rechtfertigte. Es erlaubte riskante Anlagen durch Investmentbanken und Hedge-Fonds sowie risikoreiche Hypothekenkredite, die letztendlich zur Finanzkrise führten.

Der Absturz erschütterte jedoch den Glauben an die neoliberale Wirtschaftspolitik nicht. Stattdessen brachte die angebotene Lösung einfach nur mehr vom Gleichen. Das Leben von Millionen ist seit dem durch wirtschaftliche, ökologische und soziale Krisen gezeichnet. Gewalt ist endemisch und das Waffengeschäft boomt trotz oder vielleicht wegen zunehmender Mordtaten in Schulen und öffentlichen Plätzen, an afro-amerikanischen Bürgern durch die Polizei, Terroranschlägen weißer Nationalisten auf afro-amerikanische Kirchen, Moscheen und Synagogen etc. weiter. Bürgerliche Freiheiten sind seit der Ankündigung des unendlichen Kriegs gegen den Terror oder besser gesagt, des Kriegs des Terrors schrittweise erodiert. Gefängnisse schreiben Rekordzahlen an Inhaftierten. Nicht- und Unterbeschäftigung, Ungleichheit und Rassismus breiten sich immer weiter aus. Doch statt den Menschen unter die Arme zu greifen, wurden angeschlagene Banken wie Goldman Sachs und Co. kräftig subventioniert und künstlich, aber kostenträchtig am Leben erhalten. Orthodox ausgedrückt: Die Kapitalseite wurde saniert und die arbeitende, überschuldete und unter dauerhafter Wohnungsnot leidende Bevölkerung im Stich gelassen.

Die populistischen und popularen Bewegungen, die Tea-Party als auch Occupy Wall Street, entstanden als Reaktion auf das Rettungspaket der Federal Reserve (Zentralbank) sowie der Treasury (Schatzamt) an der Wall Street zu Lasten der Arbeiter, der neuen Mittelschicht, der Hausbesitzer und der kleinen Unternehmen. Der gemeinsame Nenner der Kampagnen von Sanders und Trump war die Kritik an der neoliberalen Wirtschaftspolitik sowie der Globalisierung und des Freihandels.

Der Sektor, in dem die Auswirkungen dieser Krise, der Globalisierung und der NAFTA am deutlichsten zu spüren waren, liegt in der Rostgürtelregion. Dazu gehören die Staaten Illinois, Indiana, Michigan, Ohio und Pennsylvania. Trump gewann alle diese Staaten und verschob somit das Wahlergebnis zu seinen Gunsten. Er erkannte die Bedeutung dieser Staaten, die 2008 für Obama stimmten, noch im letzten Moment und machte intensiven Wahlkampf in jeder urbanen und ländlichen Ecke. Clinton bemühte sich nicht einmal, dorthin zu reisen, weil sie deren Stimmen für selbstverständlich nahm.

3. Krise der Parteien und der Repräsentation

In „Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie“ hat Robert Michels vom „ehernen Gesetz der Oligarchie“ gesprochen, wonach sich politische Parteien als Vertreter von gesellschaftlichen Klassen in rigide Kontrollapparate verwandeln, die dem persönlichen Machterhalt der führenden Parteieliten dienen. Dadurch entfernen sie sich so weit von ihrem Vertretungsanspruch, so dass sie nur noch selbst-referentiell wirken.

Die Frage ist: Warum ließen die Eliten der demokratischen Partei Sanders fallen und unterstützten Clinton als Kandidatin für die Präsidentschaft? Das Interesse der Oligarchie an der Partei und die enge Verbindung der Partei zum großen Geld veranlassten ihre Steuerleute, die Kandidatur Clintons gegen die Präferenzen der sozialen Basis zu unterstützen. Anders zu entscheiden hätte geheißen, die Popularität Sanders zu stärken. Dies hätte den Status quo bedroht und die Partei auf die linke Seite des Mainstreams gerückt. Das konnten die Partei-Clans nicht zulassen, da diese Verschiebung auf einen Bruch mit unterstützenden Fraktionen der herrschenden Klasse hinausgelaufen wäre und das Stimmenpotential der Partei in zukünftigen Wahlen untergraben hätte. Die Partei- und Claninteressen liefen dem popularen Willen entgegen!

Trump war auf der anderen Seite zu unabhängig, um von der republikanische Partei kontrolliert werden zu können. Dies ist der tatsächliche Grund für die kritische Haltung der republikanischen Partei ihm gegenüber und nicht seine rassistische Einstellung, die alle anderen Kandidaten der republikanischen Partei durchaus teilten.

Beide, Sanders und Trump, ragten aus mehreren Gründen heraus: Mangel an großen Geldspendern (vor allem der Banken und der Konzerne, die Clintons Kampagne finanziert haben), Mangel an Unterstützung innerhalb und Angriffe aus den eigenen Parteireihen, Ausschluss und Angriffe durch die Mainstream-Medien. Sie warben um die kleinen Leute (Trump mehr um die kleinstädtisch-ländlichen), die die anderen republikanischen und demokratischen Kandidaten, vor allem Clinton, übersahen. Bernie Sanders erhielt Kampagnengeld von kleinen Spendern und Donald Trump finanzierte einen Teil seiner Kampagne selbst.

Das Phänomen der offenen Bestechung (erleichtert durch Deregulierung und Entgrenzung von Kampagnenspenden unter Obama) hatte die öffentliche Meinung über die Vertrauenswürdigkeit der Kandidaten stark beeinflusst. Wenn Konzerne, Banken und extrem reiche Gruppen/Individuen Millionen an einen Kandidaten zahlten, bedeutete dies, dass es weitaus wahrscheinlicher war, dass dieser Kandidat dem Interesse des Spenders und nicht dem der Wähler dient. Die Institutionalisierung der Korruption hat jegliches Vertrauen in das System nachhaltig beschädigt.

Was jedoch Trump von anderen Kandidaten (Sanders inbegriffen) unterscheidet, ist sein Fokus auf kleine, heruntergekommene Ortschaften, ländliche Gebiete und die Landbevölkerung, die überwiegend religiös und weiß ist. Er wusste, wie man die Stadt-Land- Kluft rassisch wie moralisch auflädt. In diesem Sinne könnte von dem Sieg des religiös-konservativen, uni-ethnisch bevölkerten Lands über die pseudo-offene Stadt gesprochen werden. Und es ist tatsächlich so, dass in Nordamerika (USA und Kanada) außerhalb der multi-kulturellen Städte das weiß-konservative Volk auf dem Land lebt. Etwas gewagt könnte man mit Gramsci von einer neuen Auflage der Frage des Südens sprechen. Die deklassierten, ländlichen und klein-bürgerlichen Massen rächen sich am neuen Bildungsbürgertum der Städte, nicht aber an den reichen Eliten. Ganz im Gegenteil, letztere durften als Retter auftreten. Es ist eine Ironie der Zeit, dass einer der progressivsten Vertreter der Linken in den USA, Ralph Nader, nicht vor allzu langer Zeit davon sprach, dass angesichts der Dekadenz des politischen Systems uns nur noch die Reichen helfen könnten. Seine Ironie wird auf eigentümliche Weise verwirklicht, nicht jedoch als Rettung, sondern als Alptraum.

Wenn also die Parteien deklassiert werden, wird ihre historische Funktion der Repräsentation der herrschenden und beherrschten Klassen obsolet. Die herrschende Klasse hat keinen Gebrauch für veraltete Parteien und bricht mit ihren institutionellen Vertretern. Somit nehmen Mitglieder dieser Klasse die Geschäfte der Regierung selbst in die Hand. Wir sehen uns mit Heeren von Milliardären und Demagogen konfrontiert. Erstere machen wie üblich Geschäfte für die herrschende Klasse, die letzteren – eine Kombination von Rassisten, Weißnationalisten, Militaristen, Islamfeinden, religiösen Fundamentalisten und Verleugnern der ökologischen Krise-, um die wirtschaftlich und kulturell entwurzelten Massen der Trump-Bewegung zu unterhalten. Der Rest der popularen Klassen bleibt ohne Repräsentation – aus Trumps Sicht sind diese ohnehin nicht Teil des echten amerikanischen Volkes.

4. Trübe Weltanschauung

Die Ideologie stellt das imaginäre Verhältnis der Individuen zu ihren wirklichen Lebensbedingungen dar (Althusser).

Der weiße Rassismus ist in die Zeit vor den Bürgerrechtsbewegungen der 1950er und 60er zurückgefallen. Die demographisch begründete Angst um eine weiße Mehrheit, um die weiße Kultur und die christlich-fundamentalistische Weltanschauung (evangelistische, kreationistische und christlich-zionistische) dominiert die politische und ideologische Szene, die der demokratischen Freiheit, den Geschlechter (vor allem der Frauen) – und Naturrechten den Krieg erklärt: Willkommen zurück im Land des Siedler-Kolonialismus!

Was Trump tat, ist nichts anderes als das Benennen des Denkbaren und dessen, was schon immer gedacht, nicht aber direkt, sondern verschlüsselt geäußert wurde. Durch sein widerspenstiges Benehmen entblößt er die Widersprüchlichkeit und die Dumpfheit der politischen Korrektheit (die verlogene Toleranz, die einseitige Aufgeschlossenheit, die heuchlerische Natur der Doppelstandard-Moralität und die sich selbst feiernden demokratischen Werte der liberalen Eliten). Diejenigen, also Menschen im Nahen Osten und anderen peripheren Teilen der Welt, die auf der Empfängerseite dieser Werte stehen, sind längst Zeugen der Verbiegung dieser demokratischen Kultur. Die imaginäre Beziehung (Althusser) dieser Gesellschaft zu ihrer grausamen Wirklichkeit erklärt das vermeintlich Undenkbare. Das letztere ist nichts als die verleugnete materielle Wirklichkeit. Nicht nur Trump als Person, sondern vor allem die Trumpsche Realität dieser Gesellschaft ist das Hauptproblem. Rassismus, Sexismus, Xeno- und Islamophopien, all diese und andere Grausamkeiten sind so im imaginären ungesunden Menschenverstand verankert, dass die Gesellschaft ihre grausame Existenz nur durch permanente Verleugnung tolerieren kann. Beide Parteien machen die Minderheiten für die Krise verantwortlich: Whitelash (das Zurückschlagen einer weiß-nationalistischen Minderheit) auf der einen, und der Non-White-Lash auf der anderen Seite. Die Bevölkerung wird so als ein Bündel sich gegenseitig nicht akzeptierender Minderheiten dargestellt. Was letztere zusammenwirft, ist die Grenztoleranz. Dies ist, wie weithin bekannt, nichts als Waffenstillstand, ein befriedeter Krieg aller gegen alle. Wann wird er akut? Der Krieg wird immer von der herrschenden Klasse, nicht in erster Instanz für die Massen, sondern als Reflexion des Konflikts unter den Brüdern der herrschenden Klasse inszeniert. Nicht weiße Arbeiter fürchten die anderen, sondern die weißen Reichen. Amerika wieder groß zu machen (Trump) bedeutet, bestimmte reiche Fraktionen zu unterstützen, um ihren Reichtum und ihren globalen Wettbewerbsvorteil gegenüber aufsteigend-nachholende Kräften zu erhalten. Die Realität der Multipolarität ist im Land ihrer Verleugnung eingetroffen. Die bipolare Weltordnung war ein schwarz-weißes Szenario, die der Multipolarität ist orchestrierte Anarchie.

Wir werden jetzt Zeugen davon, dass die Sackgasse der kumulativen populistischen Politik der letzten drei Jahrzehnte nun von einer äußerst rechtspopulistischen Regierung behoben werden soll. Mit anderen Worten, Populismus ist nicht nur die dominierende politische Form seit den 90er Jahren gewesen, Populismus ist der Grund, warum es die Krise überhaupt gibt: Die Heilung ist die Krankheit.

Doch angesichts faschistisch-apokalyptischer Weltuntergangsszenarien ist Vorsicht angebracht: Populismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Militarismus, ökonomischer Nationalismus, staatlicher Interventionismus zum Vorteil des Kapitals (Steuerkürzungen, Deregulierung, Flexibilisierung der Arbeitsmärkte, privat angestoßene, massive Infrastrukturprojekte usw.) und Brotkrumen für die Arbeiter und die Armen und andere Elemente des Faschismus sind kein Argument für die Existenz oder das Fehlen eines solchen Regimes. Um ein solches Regime herstellen zu können, muss es eine grundlegende Verschiebung im Politischen („den Ausnahmestaat“ nach Poulantzas) geben, nicht nur das Erscheinen einiger seiner Aspekte. Diese Elemente beziehen sich nicht auf eine vorhandene Konstellation, sondern sie sind Indikatoren für etwas in Entstehung Befindliches, das nicht in den gleichen alten Kategorien gedacht werden kann. Populismen und Faschismus sind angesichts der aktuellen Situation neu zu überdenken. Aus Mangel an besseren Begriffen würde ich den Begriff Neo-Populismus verwenden.

Neo-Populismus – die Trump-Kampagne

Von 2004 bis 2015 moderierte Trump für den Sender NBC die Reality-Fernsehshow „The Apprentice (Der Lehrling), eine Art Geschäftsleute-Macher-Serie, die die Autorität Trumps in das kollektive Gedächtnis oder den ungesunden Menschenverstand der amerikanischen Haushalte einprägte: „Du bist gefeuert”, brüllte er den Verlierern ins Gesicht. Das wurde zu einem berühmten, eine Karriere vernichtenden Satz. Diese Sendung bereitete den Nährboden für den autoritären Casino-Kapitalismus (wobei Trump buchstäblich der Casino-Inhaber ist) vor.

In seiner Wahlkampagne vertrat Donald Trump dann folgerichtig eine zunehmend nationalistisch-autoritäre Variante des Nationalliberalismus, um an die bitteren Erfahrungen der politischen und der Wirtschaftskrise anzuknüpfen, wie sie im ungesunden Menschenverstand aufbewahrt wurden. Er wetterte scheinheilig gegen das System, lenkte aber die allgemeine Unzufriedenheit geschickt gegen die Schwächeren. Er schrieb die Ursachen aller Probleme stereotypen Gruppen wie Immigranten, Muslimen und Mexikanern zu und behauptete, wenn sie aus der Gesellschaft entfernt würden, würden alle gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Fragen wie Sicherheit, niedrige Löhne, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit gelöst werden. Wenn die Massen diese Gruppen als Feinde betrachten, kann die herrschende Klasse weiterhin ruhig schlafen. Lügen als ‚alternative Fakten‘ zu bezeichnen war und ist Trumps klare Taktik zur Einschüchterung seiner Gegner und der Medien. Er will sie zum Schweigen bringen und es für die Opposition und die Medien unmöglich machen, ihn zu kritisieren oder ihn für sein rechtswidriges Handeln verantwortlich zu machen. Er kreiert alternative oder irreführende virtuelle Realitäten für seine Unterstützer, um sie in seiner Weltsicht gefangen zu halten.

Durch chronisches Lügen (z. B. Millionen von illegalen Einwanderern hätten für Hillary Clinton gestimmt), mit permanentem Tweets (als hätte der gewählte Präsident nichts Besseres zu tun als tägliche kurze, provokative Statements auf Twitter zu veröffentlichen) schaffte er es, dass alle nur noch über ihn reden. Bewusst gießt er Öl ins Feuer: Je mehr provokative und tabubrechende Unsäglichkeiten er von sich gibt, desto mehr wird er von den politisch-korrekten Medien angegriffen und öffentlich gebrandmarkt. Aber genau das will er, nach dem Motto: Es ist egal, was sie sagen und wie sie über mich reden, Hauptsache sie reden von mir. Trump ist nicht nur rassistisch, islamophob, weiß-nationalistisch, sondern auch ein schlicht und einfach gnadenloser Opportunist, der vor nichts zurückschreckt, um seine Ziele zu erreichen. Wenn es eben nur mit Rassismus, Islamophobie und Sexismus geht, dann sei es so.

An animalische Instinkte appellierend begann das Spiel mit pathologischem Verhalten und wurde durch eine plebiszitäre Kommunikation (das Tweeten) verstärkt, um den rassistisch-aggressiven Mob zu mobilisieren und seinen Einsatz gegen politische Korrektheit und politische Gegner abzusichern. Das rassistisch-islamophobische, sexistische und weiß-nationalistische Gehabe und Gerede diente von Beginn an dazu, die wahren Intentionen und perfiden Zwecke zu vertuschen. Genauso wie im Reality-TV dient auch in der Politik das autoritative Szenario zwei Zielen: Verherrlichung des Zauberers und Unterwerfung unter die unsichtbare Hand des Schicksals.

Die Wahl von Trump und die weite Zustimmung, die er von konservativen Teilen der Bevölkerung erhält, deuten auf drei schwerwiegenden Aporien hin: die Salonfähigkeit oder die Hochkonjunktur des rechten Neo-Populismus, die Krise der etablierten Parteien und der Repräsentation und die ideologische Krise im Sinne der herrschenden Demographik der weißen Kultur. All diese Krisen sind nicht durch eine Megakrise, sondern sie sind durch den erfolgreichen Siegeszug des Neoliberalismus bedingt, Sartre hat so etwas einmal Bumerangeffekt genannt! Der Neoliberalismus wird Trump sei Dank noch explosiver, als er es schon ist.

Trump und seine Wähler

Die Trump unterstützenden Massen verstehen sich als Opfer wirtschaftlicher, kultureller und politischer Kräfte, die sie ihres Lebensunterhalts und ihrer sozialen Stellung beraubten. Globalisierung und Regionalisierung führten zu Arbeitslosigkeit, Armut und sozialer Unsicherheit. Nach ihrem Verständnis exportierten ihre Unternehmen Arbeitsplätze, Industrie und Dienstleistungen nach Mexiko, China und in andere asiatische Länder. Gleichzeitig drängen mexikanische und asiatische Arbeiter und Unternehmensgruppen in ihr Land ein und nehmen ihnen die Arbeitsplätze weg, verschlechtern ihre Wohnsituation, nutzen soziale Sicherungssysteme aus und machen profitable Geschäfte auf Kosten ihrer Unternehmen. Sie fühlen, dass ihre dominierende, primär religiöse Lebensweise von anderen Kulturen untergraben wird und dass sie demographisch beiseitegeschoben werden. Weiter tadeln sie die Mainstream-Medien dafür, dass sie die diese Bevölkerungsgruppe öffentlich unsichtbar machen. Sie machen nicht nur politische Korrektheit für ihre Benachteiligung verantwortlich, sondern sie spüren gleichzeitig, dass beide etablierten Parteien sie vergessen haben und sie nicht mehr repräsentieren.

Trump appellierte genau an diesen ungesunden Menschenverstand. Er stellte sich selbst als ein Opfer der Parteien, der Mainstream-Medien und der politischen Korrektheit dar, aber mit einem Twist: Trotz des Opfer-Seins kennt er die Lücken und Löcher im System und weiß nicht nur, wie er sie zu seinem Vorteil missbrauchen, sondern auch, wie er das System umbauen kann. Er hält sich für einen klugen Kerl, der sich nicht der etablierten Ordnung beugt und der in der Lage ist, das System im besten Interesse der Opfer in seiner weißen Rasse umzubauen. Er ist ein aristokratischer Robin Hood! So visualisierte er die sozioökonomischen, politischen und kulturellen Aporien qua Personalisierung: Der NAFTA-Vertrag brachte Mexikaner in Massen in die USA und exportierte US-Arbeitsplätze nach Mexiko. Globalisierung lagerte Arbeitsplätze und Manufakturen nach China aus und brachte asiatische, vor allem chinesische Business-Eliten ins Land, die ehrliche amerikanische Unternehmer verdrängten. Kulturell brachten beide Prozesse den Katholizismus (Mexikaner) und den Islam in die USA, die die dominante puritanische Kultur bedrohen. Und schließlich bevorzugte die politische Korrektheit beider Parteien nicht nur die Afro-Amerikaner und die Frauen, vor allem die nicht-weißen Frauen zu Lasten der Weißen, schlimmer noch, sie machte es den Weißen unmöglich, ihr eigenes Elend zu artikulieren. Politische Korrektheit ist in dieser Sichtweise nicht nur verantwortlich für die Nicht-Repräsentation des weißen Volkes, sondern fungiert als Tabu- und Gedankenpolizei und Stummschaltung oder Kriminalisierung jeglicher Kritik, die in rassistischen, religiösen oder weiß-ethnischen Begriffen vorgetragen wird. Während seiner gesamten Kampagne setzte Trump alle möglichen Variationen der letzteren ein und suggerierte, dass er nicht nur die Forderungen und Rechte der einfachen Leute sichtbar machen werde. Sondern er drohte auch, alle zu bestrafen, die für das Elend der einfachen Leute verantwortlich sind: finanzielle, politische und kulturelle Eliten des ‚Establishments‘. Um Distanz von den Mainstream-Medien zu suggerieren, nutzt er soziale Medien, vor allem Twitter sowie das ‚Anti-Establishment‘ suggerierende rechtsextreme Medien wie Breitbart, um seine direkten Botschaften an das weiße Volk weiterzugeben. Dadurch schuf er ein plebiszitäres Kontroll- und Mobilisierungsinstanz. All die ideologischen Mystifizierungen artikulieren die Krise der Lohnarbeit in einer allerdings verwirrenden Form.

Die Krise der Lohnarbeit nimmt autoritäre Züge an und entfaltet sich als eine sozial-diffuse, nicht aber als ökonomische Krise. Dies hat mit der Entkopplung des Klassenverhältnisses zu tun. Die herrschende Klasse hat sich von ihrer sozialen Einbettung soweit gelöst bzw. distanziert, dass sie freischwebend erscheint und sich keiner Rechenschaft schuldig fühlt. Dies war und ist möglich, weil die popularen Klassen politisch, organisatorisch, institutionell und ökonomisch so weit geschwächt wurden, dass sie nicht mehr fähig waren, sich selbst oder parteipolitisch und gewerkschaftlich zu repräsentieren. Somit können sie nur noch durch „einen Mann des Schicksals“ (Gramsci) missrepräsentiert werden. „Sie können sich nicht vertreten, sie müssen vertreten werden. Ihr Vertreter muss zugleich als ihr Herr, als eine Autorität über ihnen erscheinen, als eine unumschränkte Regierungsgewalt, die sie vor den andern Klassen beschützt und ihnen von oben Regen und Sonnenschein schickt.” (Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte). Die letzte Stunde des Schicksals hat geschlagen!

Doch durch seinen Opportunismus öffnete Trump die Büchse der Pandora mit allen möglichen Geistern dieser explosiven Konstellation, die er jedoch nicht im Griff bekommen wird.

Trump und die Republikanische Arbeiterpartei

Also will Trump die republikanische Partei zu einer weiß-amerikanischen Arbeiterpartei machen. Was versteht er jedoch unter Arbeiterpartei? Was er damit meint, ist die Beseitigung von Arbeiterrechten, von Schutz, Sicherheit, Mindestlohn und Gewerkschaften. Der Nettoeffekt wäre eine Masse von ungeschützten, niedrig bezahlten, nicht gewerkschaftlich organisierten und rechtsgerichteten oder nationalistisch politisierten Arbeitnehmerkräften, die als Schlagstock fungieren sollen, um nicht-konformistische Arbeiter einzuschüchtern und nicht-patriotische Arbeitgeber moralisch zu denunzieren. Da die meisten legale und illegale Migrantenarbeiter sind, würde diese Strategie die Arbeiter gegeneinander und gegen die Gewerkschaften ausspielen – man denke nur an die Schlägertruppen der 1930er Jahre gegen gewerkschaftlich organisierte Arbeiter. Vor allem wenig oder nicht-qualifizierte, weiße amerikanische Arbeiter würden hier eine führende Rolle spielen, eine Kraft, die historisch faschistische und rassistische Gewalt im Dienste der herrschenden Klasse verkörperte. Die Frage ist, zu welchen Zwecken? Um den Rest der organisierten Arbeiterklasse und progressive Segmente der neuen Mittelschicht zu zerstören! Das höchste Ziel wäre dann, die Parteipolitik und die parteipolitische Vertretung so zu schwächen, dass die Repräsentation nur noch durch den „Führer der historischen Notwendigkeit“ geschehen kann – Bonapartismus. Alle Indikatoren wären da: Agenten, Politik, Demagogie, Schlägertruppen – die Gesellschaft des 20. Dezember (Marx) – und der Zauberer. Voyeurismus, Sexismus, gewaltförmiges Verhalten, Rednergabe und persönlicher Kult, Strafregister und Narzissmus; alle Attribute entsprechen der alten Figur. In diesem Sinne darf man das wirtschaftliche Potenzial und den durch sozial-ökologisches Dumping in Gang gesetzten Akkumulationsschub nicht unterschätzen. Das amerikanische Kapital in allen seinen Fraktionen wird unter Trump gedeihen, nicht notwendigerweise gegen das Globale, sondern das letztere wird im Dienst des ersteren sein, und im Zweifelsfall werden die Interessen des amerikanischen Kapitals gewinnen. Die Kluft zwischen Reich und Arm wird riesige Dimensionen annehmen, nicht trotz, sondern wegen der autoritären Arbeiterideologie.

Einen kurzen Blick auf die Liste der Gladiatoren dieses Projektes offenbart, was ideologisch verdeckt ist. Es handelt sich um eine verschworene Gemeinschaft von Generälen, Milliardären, Leugnern der Umweltkatastrophen, religiösen Fundamentalisten, Privatisierern aller Couleur, Rassisten und Islamophoben. Wer sind nun die Mitglieder dieser verschworenen Gemeinschaft, mit der Trump angeblich das System umwerfen will?

Die Zusammensetzung der Trump Regierung ähnelt mehr einer Junta mit einem Haufen Geld als einer Administration. Trump, Immobilientycoon, Casino-Inhaber und ehemaliger (obwohl er weiterhin Gewinnanteile an der Sendung erhielt) Gastgeber der Reality-TV-Show „The Apprentice“ ist bekannt nicht nur durch seine populistischen Ausbrüche während der Wahlkampagne, sondern auch durch Rassismus, Sexismus und Steuerhinterziehung.

Dazu nur ein paar Namen:

Mike Pence, der Vizepräsident ist ein christlich-fundamentalistischer Evangelist, bekannt für seinen vehementen Widerstand gegen Abtreibung, umstrittene Ansichten über die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen und Verleugner von Klimawandel und globaler Erwärmung. Für die christlich-fundamentalistische Rechte kann es solche Katastrophen nicht geben, weil so etwas nicht in der Bibel steht. Ende der Diskussion!

Reinst Priebus, Stabschef; der Brückenkopf zur Republikanischen Partei, der eine Doppelfunktion erfüllen soll: Trumps Politik für die republikanische Mehrheit in beiden Häusern der Kongress, der Senat und das Repräsentantenhaus, schmackhaft zu machen und, am anderen Ende eine Kontrollfunktion der Partei über Trumps Exzesse auszuüben.

Stephen Bannon, Chefstratege im Weißen Haus; eine umstrittene rechte Medienfigur des Nachrichtennetzwerks Breitbart und ehemaliger Goldman-Sachs-Banker, der dazu beigetragen hat, das Breitbart Nachrichtennetzwerk zu einem führenden Sprachrohr des Anti-Establishments des rechten Flügels der Republikanischen Partei und zu der meist gelesenen, konservativen Nachrichtenseite der USA zu machen. Er ist bekannt für seine Xenophobie, Islamophobie und männlichen Chauvinismus.

Steven Mnuchin, Finanzminister; ein Wall-Street-Insider, der ein Vermögen bei Goldman Sachs machte.

General James Mattis, Verteidigungsminister; ein pensionierter Marinekorps-General, der im Irak und in Afghanistan diente und für die Massaker in Fallouja 2014 verantwortlich war. Er ist ein vehementer Kritiker des Atomabkommens der Obama-Regierung mit dem Iran und seiner Nahost-Politik im Allgemeinen.

Jeff Sessions, Generalstaatsanwalt, ist ein Rassist, Weißnationalist und bekannt als einer der rechten Anti-Immigration-Senatoren. Im Jahr 1986 wurde seine Nominierung unter Ronald Reagan als Bundesrichter vom Kongress wegen rassistischer Ansichten abgelehnt.

Wilbur Ross, Handelsminister; ein milliardenschwerer Investor, bekannt als der „König des Bankrotts“ weil er seine Geschäfte damit macht, dass er notleidende Unternehmen in Sektoren wie Kohle und Stahl aufkauft und damit astronomische Profite macht.

Tom Price, Gesundheitsminister, ist ein vehementer Kritiker von Präsidenten Barack Obamas Gesundheitsreformen, die er rückgängig machen will ganz im Dienste der Gesundheitskonzerne.

Elaine Chao, Transportministerin, ist eine in Taiwan geborene Washingtoner Insiderin. Seit 2011 hat Chao im Aufsichtsrat von Wells Fargo gesessen (im September 2016 wurde dieser Bank- und Finanzholding Konzern wegen einer der größten Bankenskandale/-betrug der letzten Jahren verurteilt und Tausende Angestellte wurden entlassen, aber nicht Manager wie Chao!). Sie arrangierte entgegen der bisherigen Chinapolitik der USA den Gratulationsanruf des taiwanesischen Ministerpräsidenten an Trump nach seinem Sieg. Sie ist ein Indiz dafür, dass Trump die Taiwanfrage gegen China ausspielen will.

Betsy DeVos, Erziehungsministerin; ebenfalls eine Milliardärin und radikale Privatisierungsverfechterin, die sich für öffentlich geförderte Charterschulen (Privatisierung des Schulwesens) eingesetzt hat, die von Lehrern, Eltern oder Gemeinschaftsgruppen außerhalb des staatlichen Schulwesens gegründet werden sollen. Sie ist die Schwester von Prince, Begründer der berüchtigten Sicherheitsfirma Blackwater, der eine wichtige Rolle bei der Wahl des Übergangteams von Trump spielte. Beide sind religiöse Fundamentalisten, die Millionen in religiösen Schulen investieren und die öffentliche Bildungsetats dahin fließen lassen bzw. von öffentlichen Schuletats umverteilen wollen.

Scott Pruitt, Umweltminister, hat in der Vergangenheit die Umweltbehörde verklagt, um eine Schlüsselregulierung unter Präsident Barack Obama, womit die Treibhausgasemissionen reduziert werden sollten, rückgängig zu machen,. Er ist ein Leugner des Klimawandels und erhielt in der Vergangenheit mehr als $ 270.000 als Spenden von der Öl-und Gasindustrie.

Rex Tillerson, Staatssekretär (Außenminister), war Manager des weltweit größten Öl-und Gasunternehmens, Exxon. Er ist die Verbindungsbrücke Trumps zu Wladimir Putin.

Linda McMahon, Ministerin für kleine und mittlere Unternehmen, ist Mitbegründerin und ehemalige Chefin von World Wrestling Entertainment (WWE). Sie spendete $ 6.5 Million für die Trump-Kampagne. Selbstverständlich erhielt sie im Gegenzug einen Regierungsposten.

Jared Kushner, Berater zu außenpolitischen Angelegenheiten und Nahostentsandter von Trump; der Ehemann von Trumps Tochter Ivanka. Er ist der Haupteigentümer von Observer Media und der Immobilienfirma Kushner Companies. Er ist auch einer der finanziellen Unterstützer der israelischen, orthodox-jüdischen Siedler in der Westbank.

David Friedman, US-Botschafter in Israel, ist ein Verfechter und Finanzierer von Siedlungen in den besetzten Gebieten, vehementer Gegner der Zwei-Staaten-Lösung und Verfechter von ganz Jerusalem als Hauptstadt von Israel. Er will die US Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem umsiedeln.

Mike Mulvaney, Direktor des Amtes für Management und Haushalt; Mulvaney ist bekannt als ein Anti-Defizit-Hardliner und war Teil der Tea Party Welle von 2010. Die Frage ist: Wie können seine Ernennung und seine Politik mit Trumps Plänen vereinbart werden, eine Trillion Dollar für die Infrastruktur auszugeben, die Militärausgaben zu erhöhen und den Unternehmen erhebliche Steuersenkungen zu gewähren – alles Maßnahmen, die das Defizit stark vergrößern werden? Die Antwort liegt bei den sozialen Sicherungssystemen. Die Verbindung zum Übergangsteam für Sozialsicherungssysteme ist Michael Korbey, ein ehemaliger Lobbyist, der den größten Teil seiner Karriere damit verbracht hat, die Kürzung und Privatisierung des Programms voranzutreiben. Auch Tom Preis ist ein Meister der Kürzungen bei Medicare, Medicaid gewesen. Mit einem Wort: Trump wird seine Steuerkürzungen für die Reichen aus Mitteln der sozialen Sicherungssysteme finanzieren und damit die Armen und Bedürftigen noch ärmer machen, als sie ohnehin sind.

Sonny Perdue, Agrarminister, betrieb ein Getreide- und Düngemittelgeschäft. Perdue hatte Hunderttausende von Dollar an föderalen Agrarsubventionen erhalten, die Chemiefirmen und großen Landwirtschaftskonglomeraten auf Kosten der Kleinbauern und der Umwelt zu Gute kamen.

Ryan Zinke, Innenminister (verantwortlich für die Verwaltung und Erhaltung von öffentlichem Land und natürlichen Ressourcen, hat mit innerer Sicherheit nichts zu tun). Er will öffentliches Land den Energiekonzernen zu Verfügung stellen und gefährliche und schmutzige Projekte wie die Keystone XL-Pipeline unterstützen.

Düstere Aussichten

An der Oberfläche scheint die herrschende Klasse völlig unberührt und ist zuversichtlich genug, Wirtschafts- und Regierungsgewalt verbinden zu können. Aber der Schein verrät eine tiefe Krise, eine verkehrte revolutionäre Situation, die die Schreie nach radikaler Veränderung verschleiert und erstickt. Eine passive Revolution nach Gramscianischen Muster ist nicht vorstellbar, weil das Repräsentationssystem nicht mehr funktioniert. So tritt die herrschende Klasse direkt auf die Bühne, um Führungsansprüche zu erheben, mit denen der Status quo durch die populistischen Manöver und die Schocktherapie eines neo-nationalistischen und autoritären Kapitalismus überwunden werden soll. Dies ist weder klassischer Faschismus noch klassischer Populismus, weil diese beiden politischen Formen qua parteipolitischer Vertretung in die Klassenpolitik eingebettet waren. Was wir derzeit erleben, ist ein Machtüberschuss des einen Prozents, also weder der Tea-Party noch von Occupy, sondern eine direkte Übernahme der politischen Macht durch die Milliardäre, das Überleben der Stärksten – die kapitalistische Eiszeit!

Diese Degeneration der neoliberalen Demokratie zu rassistisch-autoritärem Elitismus, der am Ende das demokratische Recht auf Protest, Kritik und Meinungsverschiedenheit zum Schweigen bringen wird, ist seit dem 11.9.2001 durch zwei Machtstrategien ausgelöst worden: Militarisierung nach innen und außen sowie eine massive Umverteilung zugunsten der Verbündeten innerhalb des einen Prozents der Bevölkerung, das die herrschende Klasse ausmacht. Diese Situation wird die Inter- und Intra-Klassenkonflikte verschärfen, was nichts weniger ist als eine organische Hegemoniekrise, d. h. eine revolutionäre Situation. Doch im Falle der USA wird letztere in bürgerkriegsähnliche Zustände übergehen, weil eine demokratisch-sozialistische Transformation aufgrund des strukturellen Machtgefälles zwischen den sozialen Kräften im strategischen Feld des Staates (Poulantzas) zum Vorteil der herrschenden Klasse unvorstellbar ist.

Die Reichen essen also weiterhin Kuchen und die Armen sollen um die Brotkrümel konkurrieren. Das Bild erinnert uns an die Verteilung von Hilfen an verhungernde Menschen in der Dritten Welt. Drittweltzustände charakterisieren inzwischen auch die Situation im Westen. Wir erleben so einen anderen Aspekt des Bumerang-Effektes. Diese Bankrottsituation generiert notwendigerweise ein sozial- darwinistisches Szenario, in dem nicht nur die Stärksten überleben, schlimmer noch, die Armen werden in eine Welt der Anarchie, des Krieges der Armen gegen die Armen gedrängt werden, in einen prä-Hobbesschen Naturzustand. Dies bedeutet, dass der sogenannte Sozialvertrag, der angeblich westlichen Demokratien zugrunde liegt, gerade aufgekündigt wurde.

Die Ideologisierung stellt somit ein Medium dar, durch das eine Fraktion der herrschenden Klasse mit ihrer Politik die Krise verschieben will. Rassismus und Islamophobie sind die Namen des blutigen Spiels, das in der Erzählung des Kampfs der Kulturen (Huntington) dehumanisierende Gräueltaten generiert. Die Botschaft, schlechte Menschen daran zu hindern, in das Land einzudringen (Trump), hat nicht so sehr eine konkrete Politik zur Folge, sondern bedeutet die Kultivierung einer Atmosphäre der Paranoia, die die Bevölkerung unweigerlich hinter die Führer als Retter der Nation bringen wird.

Der Krieg gegen den Feind im Inneren ist damit ein Krieg gegen das ganze Volk, weil er nur den Reichen und den Militaristen zugutekommt. In der Außenpolitik wurde die sogenannte Verpflichtungsregel (military rules of engagement) – ein Euphemismus für die gezielte Tötung der Zivilbevölkerung und die Begehung von Kriegsverbrechen ohne jegliche legale Rechenschaftspflicht – gelockert. Teile von Jemen und Somalia – als erster Test für diese Entwicklung – wurden als Zonen aktiver Feindseligkeit bezeichnet, d.h. als Kriegsgebiete, auf die diese Regel nicht oder nur selten angewandt wird. Dies kommt einer Institutionalisierung einer rassistisch motivierten (diese Staaten stehen auf der Verbotsliste von Trump) und uneingeschränkten Gewalt nach Belieben der USA gleich. Die erhöhte Zahl der Todesopfer in diesen Ländern (aber auch in Irak und Syrien) seit der Amtseinführung Trumps lässt eine katastrophale Tendenz erahnen. Schlimmer noch: Beraten von seinem Schwiegersohn Kushner und dem zukünftigen Botschafter der USA in Israel, Friedmann, die starke Beziehungen zu der israelischen Siedlungsbewegung haben und die diese nicht als ein Hindernis für den Frieden erachten, hat Donald Trump versprochen, Jerusalem als Israels „ungeteilte“ Hauptstadt anzuerkennen und die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Mit der Ausweitung und dem Neubau von Siedlungen in den besetzten Gebieten und nicht zuletzt mit dem Fallenlassen der Zwei-Staaten-Lösung seitens der Trump Regierung wird Öl in das Feuer des von den USA inszenierten Zusammenpralls der Zivilisationen, oder weniger euphemistisch, des Kriegs gegen den Terror, gegossen.

Man fragt sich nur, welchem Zweck. Die Militarisierung und die Aufhebung der Grenze zwischen Innen und Außen bei der Gewaltanwendung sollen dreierlei Effekte erzeugen: die Aufrechterhaltung einer relativ stabilen Basis für die Dauer der Amtszeit von Trump, Disziplinierung und Einschüchterung von institutionellen und außer-institutionellen Gegnern und schließlich Ablenkung von der Tatsache, dass systemische Störungen – Krise der Repräsentation, ökonomische Ungleichheiten, endemische Gewalt etc. – kaum im Griff zu bekommen sind. Die verschworene Gemeinschaft unter Trumps Führung versucht, eine paradoxe Situation paradox aufzuheben, eine über das System hinausgehende Macht zu verkörpern, um systemische Dysfunktionalitäten innerhalb des Systems zu lösen. Der Widerspruch wird verdoppelt.

Was bedeutet dies konkret? Es bedeutet, dass die Krisensituation verschärft wird, dass die ökonomische und politische Krise in eine Staatskrise übergehen könnte, und dass dies wiederum Gewalt in großem Maßstab zur Folge haben wird. Anders ausgedrückt, der verdoppelte Widerspruch wird explosiv.

Welche Auswirkungen haben die Kämpfe auf die Natur dieses Widerspruchs? Können sie ihre explosive Natur entschärfen? Tragen sie zu einer erhöhten Polarisation bei? Oder verwandelt sich die Situation in eine verkehrte passive Revolution mit Top-down-Reformen, einen neuen New Deal, der den Status quo bewahrt? Wenn letzteres, auf wessen Kosten? Es ist sehr schwer, wenn gar unmöglich, dies vorherzusagen, da die Lage nicht zuletzt von noch nicht bekannten Variablen (Krieg gegen den Iran oder Nord Korea, Umweltkatastrophen als Folge der intensivierten Nutzung der fossilen Energie, Rassenkrieg in den USA, Amtsenthebung wegen verfassungswidriger Aktionen des Präsidenten etc.) abhängen wird.

Eins ist jedoch klar: die (und nicht nur die) USA befindet sich in einer ernsthaften Krisensituation, die, wenn sie nicht durch radikale Reformen demokratisch entschärft und verarbeitet wird, innenpolitisch wie global politische, ökologische, wirtschaftliche und militärische Katastrophen zeitigen wird.

Die Weltmacht USA nutzt die Kriegserzählung, um ihre unpopuläre Politik zu rechtfertigen und zu erhalten, eine Politik, die die traditionellen Machtzentren (Sicherheitsapparat, multinationale Konzerne, Wallstreet, Religion und Familie) auf Kosten einer demokratischen Politik bestärken. Was folgt, wenn die Vorstellung von der Realität überholt wird? Im Jahre 1945 warnte George Orwell in seinem Artikel „You and the Atomic Bomb” vor dem oligarchisch- technokratischen Staat, der aus einem Zustand des permanenten Krieges hervorgehen würde. Der Oligarch Trump „trump-fte“ alle Orwellschen Phantasien!

© links-netz Mai 2017