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Bevölkerungsvermessung und Sicherheitsdispositive nach dem „11. September“

Sonja Buckel und John Kannankulam

Vorbemerkung:

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: Argument. Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaften 244, Heft 1/2002. Er geht zurück auf die Diskussion während der zweiten links-netz-Veranstaltung im Februar 2002 über die Auswirkungen des. „11. Septembers“. Er setzt sich mit der umfassendsten „Sicherheitsgesetzgebung“ in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland auseinander. Dabei wird die Entwicklung hin zu einem neuen postfordistischen „Präventionsstaat“ festgestellt, in welchem nicht mehr ein Anfangsverdacht bzw. das Vorliegen einer konkreten Gefahr Voraussetzungen für das Eingreifen der repressiven Staatsapparate sind, sondern die Bevölkerung als per se gefährlich wahrgenommen wird. Diese Tendenz – so die hier vertretene These – ist eingebettet in die Dekonstruktion des fordistischen Sicherheitsstaates: Transformationen der (Arbeits-)Subjektivitäten, zusammengefasst in dem neoliberalen Modell des „Unternehmers seiner selbst“ bzw. der „Ich-AG“, führen zu dem Widerspruch, dass auf der einen Seite diese neue Subjektivität Voraussetzung der postfordistischen Verwertbarkeit ist, sie jedoch andererseits unkontrollierbarer ist als diejenige des „Modells Deutschland“ mit seiner Unterscheidung in Kern und Peripherie. In dieser Situation kann der Versuch, die Bevölkerung zu kartographieren und dabei das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auszuhölen, der die Sicherheitsgesetze kennzeichnet, als die „Form“ angesehen werden, in der dieser Widerspruch prozessierbar gemacht werden soll. Die Frage bleibt jedoch unbeantwortet, ob die letztlich symbolische Sicherheit ausreichen wird, um Gesellschaften zu integrieren, die immer mehr mit den Widersprüchen der neoliberalen Strategie konfrontiert werden.

Summary:

At the end of 2001 one of the most extending security-law-enacting-processes in the history of the FRG passed parliament. Emerging out of this hastily passed acts is a tendency to a new post-fordist „prevention-state”, in which no longer suspicion introduces an investigation but vice versa. These tendencies – so our thesis – are embedded in the deconstruction of the fordist security-state. Paralleling this is a transformation of (working)subjectivity, characterized in the new leading model of being entrepreneur of oneself, which leads to the contradiction that on the one hand this new subjectivity is a precondition for post-fordist capitalism but on the other it is less controllable than in standardized fordist societies with their clear distinction of core an periphery. In this situation the attempt – which significantly characterizes the laws after ‘9/11’ – to „map” society by undermining one’s right of informational self-control, could be seen as the „form” in which this contradiction is aimed to be processed. But what remains open it the question if this lastly symbolic security is sufficient enough to integrate societies which are more and more blatant confronted with the contradictions of neo-liberalism.

Einleitung

Am 20. Dezember 2001 brachte der Bundesrat mit seiner Zustimmung zum >Terrorismusbekämpfungsgesetz<1 einen der umfassendsten Sicherheitsgesetzgebungsprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik zum Abschluss. Die Zahl der Gesetzesänderungen steht im diametralen Gegensatz zur Geschwindigkeit, mit welcher jene beschlossen wurden. In weniger als drei Monaten passierten die beiden >Anti-Terror-Pakete< sämtliche Gesetzgebungsorgane. Selbst das Bundesjustizministerium kritisierte am Entwurf des Innenministers, dass wesentliche Teile der geplanten Regelungen als verfassungsrechtlich bedenklich einzustufen seien2. In der Folge wandten sich vor allem Anwalts- und Richterorganisationen, BürgerrechtlerInnen und RechtsprofessorInnen mit Vehemenz gegen das geplante Artikelgesetz. Nach deren Anhörung im Innenausschuss kam es zu einigen wenigen Änderungen. Hauptsächlich wurden alle Gesetze (anders als die Sicherheitsgesetze der ersten Anti-Terrorismuswelle der 1970er Jahre) befristet und unter einen Evaluierungsvorbehalt gestellt. Auffällig ist, dass Kritik an der Neuregelung jenseits einer großen Öffentlichkeit stattfand und ausschließlich durch >ExpertInnen< vorgebracht wurde, die die Gesetze als die >Stunde der Exekutive< (Denninger 2001) interpretierten, hin zu einem >Überwachungsstaat< (Kutscha 2001), wenn nicht gar zu einem >„neuen Staatstypus“: de[m] Präventionsstaat< (Prantl 2001), der jedenfalls den Rechtstaat ablöse, indem er dessen Prinzipien umkehre (ebd.).

Dieser >neue Präventionsstaat< verabschiedet sich vor allem von dem Prinzip, dass polizeiliche Ermittlung einen Anfangsverdacht bzw. das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraussetzen. Fordert z.B. die Strafprozessordnung3 noch >zureichende tatsächliche Anhaltspunkte< für eine Straftat, so ermächtigt nun § 7 II BKAG das BKA dazu, für Auswertungsprojekte Daten von allen möglichen „Stellen“ im In- und Ausland ohne Beteiligung der Länderpolizeien zu erheben. Darüber hinaus erhalten die Verfassungsschutzbehörden (s.u.) sowie der Bundesgrenzschutz4 neue Kompetenzen. Im Polizeirecht wurden bereits vor dem >11.9.< in den meisten Bundesländern die sog. Schleierfahndung, d.h. verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollen auf Straßen5 sowie die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume6 und nicht zuletzt die Rasterfahndung eingeführt.

Leben wir also inzwischen in jenem orwellschen Staat mit seiner umfassenden Überwachung, in dem die Überwachten noch nicht einmal zur Kenntnis nehmen, was mit ihnen geschieht? Waren die Anschläge in New York und Washington in der Lage, die bürgerlichen Rechtsstaaten des Westens im Handumdrehen in totalitäre Staaten zu transformieren? Dies scheint jedenfalls die untergründige Botschaft vieler Kritiken zu sein. So beendet etwa Erhard Denninger seinen Artikel mit den Worten: >Der umfangreiche Entwurf des „Terrorismusbekämpfungsgesetzes“ ist ein Dokument, dessen Lektüre einen in den hergebrachten Kategorien des klassischen rechtsstaatlichen Polizei-, Ordnungs- und Strafverfahrensrechts „erzogenen“ Juristen nachdenklich, ja traurig stimmen muss.< (Denninger 2001)

Diese resignative Haltung lässt allerdings zwei zentrale Argumente außer Acht. Zum einen suggeriert sie, dass die Bundesrepublik bis zu diesem Zeitpunkt ein funktionierender Rechtstaat gewesen sei. Moderne Nationalstaaten sind jedoch per se Rechts- und Unrechtsstaaten zugleich (Foucault 1977, 385; Poulantzas 1978, 67 f), auch wenn dies nur in Krisenzeiten offensichtlich werden mag. Der liberalen Vorstellung, wie sie auch Habermas noch artikuliert, das über den Machtcode gesteuerte administrative System könne an die rechtsetzende kommunikative Macht gebunden und von den Einwirkungen sozialer Macht freigehalten werden (1994, 187), hatte bereits Franz Neumann widersprochen: >Macht kann nicht in Rechtsbeziehungen aufgelöst werden. Gerade das war aber der Traum des Liberalismus.< (1967, 120) Lange vor dem >11.9.< konnte dies an den Notstandsgesetzen, der ersten >Anti-Terrorismus<-Welle in den 1970er Jahren, der De-facto-Abschaffung des Grundrechts auf Asyl, dem >großen Lauschangriff< und vielem mehr beobachtet werden. Die aktuell sich wieder durchsetzende repressive Ausweitung des Staates ist in dessen widersprüchlicher Grundstruktur angelegt. Sie ist nichts prinzipiell Neues. Die Forderung nach Rechtsstaatlichkeit ist zuforderst der permanente politische Kampf gegen diese Tendenz, der Kampf darum, die Staatsapparate auf Distanz zu halten (Ingeborg Maus).

Zum anderen nimmt diese Art der Thematisierung nur jene sich durchhaltende Tendenz moderner Nationalstaaten, nicht jedoch die offenkundige Besonderheit der Gesetzesnovellierung in den Blick. Es handelt sich nicht nur um das alte >Spiel< Rechts-/Unrechtsstaat. Das Erklärungsbedürftige scheint uns vielmehr in der großangelegten Bevölkerungsvermessung und der globalen Ausrichtung der Gesetze zu liegen, einer Tendenz also, die bis in die Anfänge der 1990er Jahre zurückverfolgt werden kann. Wir legen den Schwerpunkt unserer Analyse daher auf diese historischen Besonderheiten und vertreten folgende Thesen:

1. Ausgehend von der regulationstheoretischen Annahme, dass die allgemein wirksamen Grundstrukturen kapitalistischer Vergesellschaftung sich in räumlich und zeitlich voneinander unterscheidbaren besonderen Formationen ausprägen (Hirsch 1990, 31), muss die Sicherheitspolitik des >11.9.< im Kontext der Verhältnisse und Veränderungen gesehen werden, die seit der Krise des fordistischen >Sicherheitsstaates< im Gange sind.

2. Diese Veränderungen lassen sich als Entwicklung vom Welfarestate zum Workfareregime bzw. zum nationalen Wettbewerbsstaat beschreiben, welcher v. a. eine neue Subjektkonstitution hervorbringt, den >Unternehmer seiner selbst< (Bröckling 2000).

Sicherheitsdispositive, die sich spätestens seit den 1990er Jahren zur dominanten Form politischer Regulation entwickelt haben, sind Ausdruck dieser veränderten Subjektkonstitution. Das foucaultsche Konzept der Gouvernementalität erscheint uns daher als ein geeignetes Werkzeug, die Veränderungen zu analysieren: Gouvernementalität meint die Gesamtheit von Institutionen, Verfahren, Analysen, Berechnungen und Taktiken, die >als Hauptzielscheibe die Bevölkerung, als Hauptwissensform die politische Ökonomie und als wesentliches technisches Instrument die Sicherheitsdispositive< hat (Foucault 2000, 64). Das Terrorismusbekämpfungsgesetz kann als der Versuch einer Bevölkerungskartographie gelesen werden, woran sich die Frage anschließt, ob diese Reaktionsweise auf die Veränderungen einer postfordistischen Formation hinreichend ist.

Der Umbau des fordistischen Sicherheitsstaates

Die fordistischen Sicherheitsstaaten beruhten noch auf einem hegemonialen keynesianischen Gesellschaftsprojekt, verbunden mit der Vorstellung einer umfassenden bürokratisch-technokratischen Machbarkeit gesellschaftlicher Verhältnisse. Der Glaube an Experten und Staat, Wissenschaft und Bürokratie, Modernität und Fortschritt war gekoppelt an eine Normalisierung der Lebensformen, die auch die (staatliche) Kontrolle von Desintegrationsschüben gewährleistete, kurz: der fordistische Staat war >Sicherheitsstaat< im doppelten Sinne. Er gewährleistete (soziale) Sicherheit für die weitgehend homogenisierten und individualisierten Mitglieder einer Massengesellschaft mit ihren standardisierten Lebensweisen. Gleichzeitig hatte er allerdings auch die Tendenz, als bürokratischer Überwachungsstaat in immer mehr gesellschaftliche Bereiche zu intervenieren (Hirsch/Roth 1986, Hirsch 1995). Auch Foucault hat diese Entwicklungen thematisiert, mit ihm kann man von einem >Sicherheitspakt< zwischen Staat und Bevölkerung sprechen, dessen wesentliche Botschaft lautet >Ihr werdet beschützt< und zwar vor allen Unsicherheiten, egal ob dies Unfälle, Krankheiten, Arbeitslosigkeit oder Delinquenten meint (1977, 385).

Sicherheitspolitiken bildeten im fordistischen >Modell Deutschland< eher ein >Stützkorsett< (Esser u.a. 1980, 61). Maßgeblich war die konsensuale Lösung gesellschaftlicher Gegensätze durch ökonomisch-sozialstaatliche Kompensationsleistungen. Die repressive Seite hatte >gerade keine herausragende Bedeutung< (Redaktion Prokla 1980,2). Denn die zentrale Regulierung der Klassengegensätze wurde vor allem durch die ideologischen und ökonomischen Staatsapparate organisiert und zwar in der Form, dass von einem funktionierenden >Kern< -- bestehend aus der integrierten Arbeiterklasse, dem Heer von Angestellten und Beamten -- Gruppen und Individuen abgespalten wurden, die weder steigenden Sozialstatus noch Konsumfähigkeit vorweisen konnten. Jene wurden jedoch wieder über das Auffangsystem des Sozialstaates durch Kompensationsleistungen zurückgeholt, so dass staatliche Steuerung die Form eines >Reparaturbetriebes< annahm, die den Normalbürger produzierte, der so lang stabil reagierte, solange die ökonomische Existenz dies ermöglichte (Esser u.a. 1980, 45). Repressive Intervention erscheint hier nur für (insbesondere politische) >Abweichler< nötig. Repression war also deswegen nicht entscheidend, da die Modernisierung des Polizeiapparates sowie die Einengung rechtsstaatlicher Prinzipien nicht den Widerstand des Kerns herausforderte, da sie gegen jenen nicht unmittelbar gerichtet war (Redaktion Prokla a.a.O.). Das Spezifische des fordistischen >Modell D< ist demnach die >[...] Trennungsstrategie zwischen dem Kern und den Rändern der Gesellschaft< (3). Allerdings finanzierte es sich aus Ressourcen, die dem funktionierenden Zentrum der Gesellschaft abgenommen werden mussten, bevor es die defekten Randgruppen sanieren konnte (Esser u.a. 1980, 40).

Mit der Krise des Fordismus veränderten sich die Rahmenbedingungen. Die bis dato erfolgreiche Integrationsstrategie stieß an ihre Grenzen. Die zentrale Rolle des Staates wurde in Frage gestellt. Er geriet in eine Legitimitätskrise, weil er nicht mehr in der Lage schien, Vollbeschäftigung und Wachstum zu garantieren (Jessop 1997, 59). Aus heutiger Sicht kaum noch nachvollziehbar kam es mit der Krise der fordistischen Formation dazu, dass die staatliche Interventionspolitik erheblich zunahm. Poulantzas registrierte darin die Entwicklung hin zu einem >autoritären Etatismus<: die in Zeiten der Krise bestehende Tendenz der zunehmenden Etatisierung gesellschaftlicher Widersprüche und Konflikte bei gleichzeitiger relativer Abkoppelung des Staates von gesellschaftlich-demokratischen Prozessen (1978, 185ff). Der Staat versucht also der faktischen >Sozialstaatsillusion< (Müller/Neusüß 1970) und Ohnmacht durch autoritative Umstrukturierungen entgegenzuwirken. Man könnte auch sagen, die Kompensation des Steuerungsinstrumentes >Ökonomie< erfolgte durch eine Verschiebung hin zu den repressiven Staatsapparaten.

Neues Gesellschaftsprojekt

Diese Tendenzen verschwinden nun nicht einfach in der sich abzeichnenden postfordistischen neuen Formation. Das Zurückgreifen auf repressive Maßnahmen ist generell mit (kapitalistischer) Herrschaft verbunden und tritt in Zeiten der Krise vermehrt in den Vordergrund -- ein gleichsam durchhaltendes Moment im Kapitalismus. Die Frage ist allerdings die nach der konkreten Variation dieser Tendenz in den jeweiligen kapitalistischen Perioden, oder anders gewendet: die Frage nach dem Artikulationsverhältnis von repressiven und ideologischen Staatsapparaten.7

Feststellbar ist, dass der Umbau der fordistischen Sicherheitsstaaten vordergründig nicht mit einer Ausweitung des Staates in die Gesellschaft verbunden ist. Im Gegenteil: Als Reaktion auf die Krise des Fordismus war im Zuge der neoliberalen Gegenoffensive nicht mehr staatliche Steuerung, sondern der >Rückzug< des Staates angesagt.8 Auf den Fundamenten der ehemals fordistischen Sicherheitsstaaten erheben sich als neue Gestalten die >nationalen Wettbewerbsstaaten< (Hirsch 1994, 1995) bzw. die >Schumpeterianischen Workfareregime< (Jessop 1997).

Im nationalen Wettbewerbsstaat mit seiner Melange aus Neoliberalismus, Restbeständen des sozialdemokratischen Staatsinterventionismus und Zerfallsprodukten der 68’er Bewegung kommt es zu einer zynischen politischen >Durchsetzungsdialektik< (Hirsch 1995, 155): konnte doch etwa ein SPD-Schily die Sicherheitspakete bei geringerem Widerstand durchsetzen als dies unter einem CSU-Beckstein der Fall gewesen wäre. Die >Regierungsverantwortung< von SPD und GRÜNEN bindet die mit ihnen verbundenen gesellschaftlichen Gruppen (und möglichen Widerstandspotenziale) im doppelten Sinne des Wortes. Die herrschenden Leitvorstellungen des neuen hegemonialen Projekts sind nicht mehr staatlich garantierte Sicherheit, Gleichheit und materielle Wohlfahrt innerhalb einer egalitären Massenkonsumgesellschaft, sondern vor allem die >Mobilisierung sämtlicher gesellschaftlicher Ressourcen im Kampf der Standorte< (Hirsch 1995, 155). Es ist >nur scheinbar paradox durch eine Art von marktliberalem Etatismus< gekennzeichnet (ebd.). D.h. die fordistische (Politik-) Matrix verschwindet nicht einfach.

In dem Streben nach Wettbewerbsfähigkeit unterliegen wohlfahrtstaatliche Rechte einem andauernden Bedeutungsverlust, indem sie Markt- und Angebotskriterien untergeordnet und zugleich repressiv überwacht werden (Jessop 1997, 74). Diese Neuausrichtung verlagert Aspekte sozialer Sicherheit in die Selbstorganisationsfähigkeit der Einzelsubjekte. Mit dem foucaultschen Konzept der Regierung lässt sich diese Entwicklung analysieren. Indem Foucault mit seiner >aufsteigenden Machtanalyse< von den >unendlich kleinen Mechanismen< ausgeht, die ihre eigene Technik haben, und schließlich durch globale Herrschaftsformen kolonisiert werden können (1999, 39 f), hat er ein Politikverständnis jenseits der Vorstellung des von oben nach unten steuernden repressiven Staates entwickelt9, mit welchem die Einbeziehung der Subjekte in die Transformation des Staates gedacht werden kann. Angesichts der Dichte und eigenen Materialität der Machtverhältnisse dürfen Herrschaftstechniken den Verhältnissen nicht mechanistisch äußerlich bleiben, sie müssen sich mit >Technologien des Selbst< verknüpfen (Lemke u.a. 2000, 8), sich der Prozesse bedienen, >in denen das Individuum auf sich selbst einwirkt< (29). Demgemäß lehnt er die Vorstellung der Repression, der Unterdrückung von Subjektivität ab, spricht hingegen von >Produktion von Selbsttechnologien< (ebd.). In der Moderne ist mit bloßer Repression kein Staat mehr zu machen, sie erfordert vielmehr die >Kunst des Regierens< (Foucault 2000, 46), die die Führung von Menschen erlaubt (Lemke 1997, 156).

Im Folgenden sollen nun die drei Tendenzen dargestellt werden, in denen das Workfareregime (oder anders: der >aktivierende Staat<) jene Selbsttechnologien produziert bzw. an vorhandene anknüpft, die seine Transformation ermöglichen. Dabei handelt es sich zum Einen um die Verlagerung von kommunikativen und organisatorischen Fähigkeiten in die Subjekte durch neue Arbeitsformen und die Privatisierung des public service, zum Anderen um die Auflösung des Rand/Kern-Dualismus der fordistischen Arbeitsgesellschaft durch flexiblere und prekärere Arbeitsverhältnisse, sowie schließlich um die Selbsttransformation der Subjekte durch alternative Lebenspraktiken in der Folge von 1968. Zusammen verdichten sich diese Tendenzen im >Unternehmer seiner selbst<. Dabei legen wir Wert darauf, dass es sich nur um Tendenzen handelt, die andere Formen von Vergesellschaftung nicht ausschließen sondern vielmehr voraussetzen.

Zunächst fällt im Vergleich der Selbsttechnologien eine postfordistische Praxis auf, die man als autoritäre Subjektanrufung bezeichnen könnte. AutorInnen unterschiedlichster theoretischer Herkunft haben darauf hingewiesen, dass es gerade die aktive und autonome Subjektivität sei, die der Postfordismus erfordere. So lässt sich nach Castells empirisch zeigen, dass ungeachtet >der formidablen Widerstände von autoritärem Management und ausbeuterischem Kapitalismus [...] die Informationstechnologien größere Freiheit für besser informierter Arbeitskräfte [erfordern], wenn sie die Verheißungen ihres Produktivitätspotenzials vollständig einlösen sollen< (2001, 272). Auch Gorz teilt die Auffassung, dass die kommunikativen, beziehungsintensiven, kooperativen und erfinderischen Fähigkeiten zu einem Bestandteil der Arbeitskraft werden und damit die Autonomie des Subjekts voraussetzen (Gorz 2000, 61 f). Insbesondere die Postoperaisten10 weisen darauf hin, dass Subjektivität, die im Fordismus noch als Gefahr betrachtet wurde, zur Voraussetzung der produktiven Ordnung wird (Revelli 1997, 26): >In der Fabrik, die [...] ‚mit dem Markt atmet‘, die ihre eigene Morphologie mit den Änderungen der Nachfrage variiert [...] kann die Arbeitskraft kein ‚träges‘, fremdgesteuertes, statisches Material darstellen. Notwendigerweise muss sie zu einem relativ entwickelten Niveau der Selbstorganisation fähig sein, wenn sie die Signale des ‚Umfelds‘ [...] verstehen und darauf mit adäquaten Formen und Modalitäten der eignen Kooperation antworten soll< (ebd. 27). Gerade in den diversen Dienstleistungstätigkeiten, die in der Bundesrepublik seit den neunziger Jahren 68,8 % aller Erwerbstätigen beschäftigen11, wird Arbeit immer mehr zu intellektueller (>immaterieller<12) Arbeit, zu Informationsbearbeitung und affektiver Arbeit mit Menschen. Voraussetzung ist, dass die immateriellen ArbeiterInnen >[...] miteinander diskutieren, sich abstimmen, sich ausdrücken und zuhören können und bereit [sind], sich selbst in Frage zu stellen, zu lernen und sich fortwährend weiterzuentwickeln< (Gorz 2000, 45). Die im Arbeitsprozess geförderte aktive Subjektivität ist jedoch zugleich eine Direktive: >Seid Subjekte< (Lazzarato 1998, 42). Profitcenter, Gruppenarbeit oder >Unternehmer im Unternehmen< sind nicht die Befreiung der Subjekte, sondern verschärfen die Konkurrenz und den Druck auf jene bis hin zu einem sozialdarwinistischen Klima (Kühl 2000, 820 f), in welchem der Markt zu einer Art >permanentem ökonomischem Tribunal< wird (Foucault 1979 zit. nach Lemke u.a. 2000, 17).

Die Rücknahme staatlicher Garantien sozialer Sicherheit sind ein weiterer Grund für die veränderten Technologien des Selbst. Denn auch hier verwandelt sich der einstige Konsum von Waren und erkämpften Rechten in >Koproduktion< (Negri 1996, 84): Online-Banking und e-commerce, Privatisierung von Energiedienstleistungen, Sozialversicherung und Telekommunikation verlangen immer weitere Selbstorganisation in Bereichen, die vormals weitgehend öffentlich reguliert waren.

Zudem führt die Auflösung des Normalarbeitsverhältnisses zu einer Prekarisierung der Lebensverhältnisse. So sank zwischen 1965 und 2000 das Arbeitsvolumen um ein Drittel13, obwohl gleichzeitig die Anzahl der Arbeitskräfte durch den Anstieg der Frauenerwerbsarbeit und die Erhöhung der Teilzeitarbeit seit Mitte der achtziger Jahre wuchs (Zukunftskommission I, 36). Die Arbeitslosenquote, die in den sechziger Jahren durchschnittlich weniger als ein Prozent betragen hatte14, stieg auf 9,2 %15 an. Dennoch wird im Workfareregime am Arbeitsfetisch festgehalten, was neue Beschäftigungsverhältnisse zur Folge hat: Mittlerweile ist jede(r) zehnte Arbeitnehmer(in) in Deutschland geringfügig beschäftigt, wobei Frauen den größten Anteil stellen (Brautzsch 2001, 154 f). In den neuziger Jahren stieg die Teilzeitarbeit von 18 auf 26 % im Jahr 200016. Aber auch die Arbeitsintensivität hat sich verändert: mittlerweile arbeiten 85 % der Berufstätigen unter flexiblen Arbeitszeiten. Zudem sind für die Vollerwerbstätigen 35-40 Stunden immer weniger Realität, sie arbeiten im Durchschnitt 44,8 Stunde; 18 % schließlich über 48 Stunden. Hinzu kommt die Entgrenzung von Arbeit und Freizeit durch die Verallgemeinerung von unsocial hours (Wochenend-, Feiertags- und Feierabendsarbeit)(Garhammer 2001, 237). >Die Angestellten und Selbständigen in der New Economy prägen das neue Leitbild der Arbeit: Es sind meist nicht durch eine Familie gebundene, mobile und karrierebewusste Menschen. Unbezahlte Mehrarbeit wird tendenziell zur generellen Erwartung.< (235)

Soziale Sicherheit ist nur noch gegen Arbeit zu haben. Andernfalls droht Prekarisierung, d.h. die ständige materielle Unsicherheit bis hin zur Existenzweise der working poor, die durch staatliche Regulation -- wie die aktuelle Debatte um den Kombilohn oder Arbeitspflicht zeigt -- nicht mehr kompensiert, sondern nur noch repressiv verwaltet wird. Konnte es im >Modell Deutschland< noch heißen: >Wer unter den harten Bedingungen nicht mehr arbeiten kann, erhält eine Rente, die, die sich krank geschuftet haben, werden für neue Einsätze wieder gesund gepflegt [...]< (Esser u.a. 1980, 40), so verlangt heute das >Leitbild des unternehmerischen Individuums< ein >Mehr an unternehmerischer Betätigung<, die >geradewegs zu einem Weniger an Sozialstaat führt< (Zukunftskommission III, 37).

Nach André Gorz sind all jene prekär Beschäftigten die >bezeichnenden Gestalten einer neuen Normalität< (2000, 77 f). Auf den lohnempfangenden deutschen Massenarbeiter folgen also neue aktive/aktivierte Subjekte: der outgesourcte Scheinselbständige oder Leiharbeiter, die 325-€-Jobberin und die Masse von Arbeitslosen einerseits, die flexible Teamworkerin sowie die Dienstleistungselite andererseits. Sie müssen die neoliberale Technologie des Selbst-Managements beherrschen (Bröckling 2000, 155). Subjektivität wird zur >Selbstverwaltung des individuellen Humankapitals< (ebd.): Kommunizieren und kooperieren im Arbeitsprozess sowie die Selbstorganisation der sozialen Sicherheit verlagern wesentliche gesellschaftliche Tätigkeiten in das einzelne Subjekt. >Unternehmer seiner selbst bleibt das Individuum auch, wenn es seine Anstellung verlieren sollte. Das Ich kann sich nicht entlassen; die Geschäftsführung des eigenen Lebens erlischt erst mit diesem selbst.< (ebd.)

Doch auch die Kritiken der neuen sozialen Bewegungen in der Folge von 1968 sind eingegangen in die Neukonstitution der Subjekte. Die Kritik an einer disziplinären und biederen Modell-Deutschland-Gesellschaft in der unmittelbaren Tradition des Nationalsozialismus, die durch Sozialstaatspaternalismus -- d.h. Bevormundung und Normalisierung (Habermas 1994, 501f) -- sowie ein patriarchales, obrigkeitsstaatliches, rassistisches und zwangsheterosexuelles Dispositiv gekennzeichnet war, hat ebenso zur Transformation des fordistischen Subjektes beigetragen. Der Rand/Kern-Dualismus wurde demgemäß nicht lediglich durch eine Zerstreuung von Beschäftigungsverhältnissen, sondern ebenso durch eine Kritik an der vermeintlichen Einheitlichkeit des Kerns, dem Zwang zu Homogenität, angegriffen und verändert. Die selbstverwalteten Betriebe, die Frauenbuchläden und Ökokommunen, können in ihren Selbsttechnologien durchaus auch als VorreiterInnen dieser neuen Gestalten angesehen werden. Die oben erwähnte >Melange< von AkteurInnen und Ideologien spiegelt sich im Ineinandergreifen dieser drei Tendenzen (vgl. auch Haug 1999).

>Anti-Terror< Gesetze

Es soll nun gezeigt werden, dass die neuen Sicherheitsgesetze als Ausdruck dieser Veränderungen interpretiert werden können. Die Operationsweise des Workfareregimes, die autoritäre Mobilisierung von Selbstorganisation, ist nicht >umsonst< zu haben: die Potenzialität, die den neuen Subjekten in ihrer Praxis gesellschaftlicher Selbstorganisierung innewohnt, schafft neue Herausforderungen für postfordistische Gouvernementalität (Lazzarato 1998, 44). Sicherheitsdispositive dominieren daher spätestens seit den 1990er Jahren den politischen Diskurs. Sie sind nach Foucault die kennzeichnende Herrschaftstechnologie der liberalen Regierungsform (Lemke 1997, 173). In einem >substanziellen Sinne< kann nämlich erst mit dem Auftauchen dieser Regierung ab der Mitte des 18. Jahrhunderts von >Regierung< gesprochen werden.17 Die bürgerlichen Freiheitsrechte sind die Grundlage für eine ökonomische Regierung: >Die liberale Regierungstechnologie zielt nicht darauf, die Subjekte unmittelbar zu beherrschen oder sie zu unterwerfen, da es die Aktivität und Freiheit der Subjekte ist, die die unabdingbare Voraussetzung für die liberale Form der Regierung bildet [...]< (Lemke 1997, 185), marxistisch: der doppelt freie Arbeiter. Dies verschärft jedoch die Notwendigkeit ihrer Abstimmung und Steuerung: es darf nur ein klar abgegrenzter Gebrauch von der Freiheit gemacht werden (ebd.). Sie kann nicht unbeschränkt gelten, sofern sie eine Gefahr für das >Allgemeininteresse< darstellt und muss somit einem Sicherheitskalkül unterstellt werden. Das ist die Kehrseite und Bedingung des Liberalismus (Lemke u.a. 2000, 14)18.

Im Zentrum der liberalen Regierungspraxis etabliert sich also ein Problem, eine innere Beziehung zwischen der unablässig bedrohten Freiheit und ihrer permanenten Gefährdung (Lemke 1997, 186). Nicht zufällig wird dies in der aktuellen Debatte von den liberalen Theoretikern des Rechtsstaates wieder proklamiert (Denninger 2001, Grimm 2002). Denn die mobilgemachte Bevölkerung verschärft dieses prinzipielle bürgerlich-kapitalistische Dilemma. Wenn Herrschaft als Stimulierung von Selbsttechnologien verstanden wird, die es ermöglichen, bestimmte Operationen in der eigenen Lebensführung vorzunehmen, und sich damit selbst zu transformieren (Lemke u.a. 2000, 29), so zeigt sich, dass durch die Anrufung der neuen Subjekte die standardisierte Form der Normalisierung des Fordismus unterlaufen wird. Foucault hatte mit den Disziplinen eine für jene Formation typische Technologie beschrieben, die die prinzipielle Dialektik liberaler Regierung mittels eines >Dressursystems< zu regulieren versuchte, d.h. mit einer engen Einschnürung der Individuen, ihrer Körper und Verhaltensweisen (1976, 126). Die aktivierten Subjekte gehen jedoch in jenen >Mikromächten< nicht (mehr) auf. Indem es ausgerechnet ihre Subjektivität ist, die postfordistische Produktivität ihnen abverlangt, ist die fordistische Form der Einheitsnormalisierung kontraproduktiv. Vielmehr scheint sich ein flexibler Normalismus durchzusetzen, der Abweichung in Grenzen verlangt. Normal ist, was Unnormal ist. Nicht: Normalarbeitsverhältnis, sondern: viele flexible Beschäftigungsverhältnisse; nicht: Kerngesellschaft mit marginalem Rand, sondern: ein Netzwerk aus diffusen Knotenpunkten; kein allzuständiger Staat, sondern Selbstkoordination -- die postfordistische Gesellschaft produziert aus sich selbst heraus neue vielfältige Widersprüche. Wie idyllisch muss doch vor diesem Hintergrund die fordistische Modellgesellschaft erscheinen, welche das Bild vom Orwell-Staat hervorbrachte, der die gleichförmigen Massen durch permanente Indoktrination und >Staatssicherheit< überwachen konnte und es im Prinzip nur auf eine marginale widerständige Minderheit abgesehen hatte. Die postfordistische Bevölkerung hingegen ist tendenziell undurchschaubar und unberechenbar. Die im Zusammenhang mit den Sicherheitsgesetzen ausgegebene Losung, dass auffällig ist, wer unauffällig ist, bringt dies gleichsam auf den Punkt. Die uns präsentierten >Terroristen< waren ja genau diese unauffälligen >Schläfer<, denen man es eben nicht angesehen hat. Jene waren sozusagen die idealtypischen Arbeiter des Postfordismus: hochqualifiziert, in den neuen Technologien versiert etc. Dass die mit den Sicherheitspaketen beschlossenen Maßnahmen, die genau diese postfordistischen Subjekte ins Visier nehmen, dabei auch die sich neu formierende globale (Protest)Bewegung durchrastert, ist die Kehrseite hiervon und sicherlich nicht unbeabsichtigt. Auch jene neue globale Bewegung ist (im Gegensatz zu Terroristen ein positiver) Ausdruck der veränderten Subjektkonstitution. Nach Jahren der >Depression< organisieren sich jenseits formaler Organisationen und den erodierenden Massenintegrationsapparaten kommunikative Einzelne die unter dem Anspruch, dass eine andere Welt möglich19 ist, sich ihre eigenen fluktuierenden Netzwerke erschaffen.

Vor dem skizzierten -- zugespitzten -- Hintergrund können nunmehr die historisch spezifischen Gesetzesänderungen dargestellt werden. Während Strafrechts- und Strafverfahrensrechtsänderungen die sicherheitsstaatlichen Normen der 1970er Jahre kennzeichneten, spielen diese in der Folge des >11.9.< eine nur marginale Rolle. Hier steht vielmehr das Grundrecht der >informationellen Selbstbestimmung< im Mittelpunkt.

Biometrie

Am deutlichsten wird dies durch die Änderung der Pass- und Personalausweisgesetze in der Weise, dass Fingerabdrücke sowie andere sog. >biometrische Daten< -- allerdings erst in der Zukunft -- in Ausweise eingelesen werden können, als Codes, die nur durch Lesegeräte zu entschlüsseln sind20, so dass Inhaber der Papiere nicht erkennen können, was über sie gespeichert ist. Fingerabdrücke konnten bisher mit Rücksicht auf die Menschenwürde21 lediglich als erkennungsdienstliche Maßnahmen bei Verdächtigen abgenommen werden. Für Asylsuchende galt dies allerdings schon lange nicht mehr. Jene geraten >als besondere Versuchsobjekte ins Fahndungsnetz< (Feyerabend 2002, 11). So können ab sofort biometrische Merkmale verschlüsselt in der Aufenthaltsgenehmigung enthalten sein22. Darüber hinaus dürfen Tonbandaufnahmen und Sprachanalysen nach dem Ausländer- und Flüchtlingsrecht gespeichert werden23. Es besteht keine Auskunftspflicht über die gespeicherten Merkmale24. Den Sicherheits-, Sozial- und Ausländerbehörden soll ein automatisierter Zugriff auf die Dateien ermöglicht werden. Schon jetzt werden ausführlich Daten im Ausländerzentralregister gesammelt und verwertet. Durch die Neuerungen werden die Daten und der Kreis der Zugriffberechtigten erweitert. Andrea Würdinger schlussfolgert, dass damit MigrantInnen >[...] jederzeit, ohne konkreten Anlass, Gegenstand von behördlichen, polizeilichen und geheimdienstlichen Ermittlungen und Erhebungen [werden]< (BT-D, Würdinger 2001).

Die biometrischen Daten von deutschen Staatsangehörigen können aufgrund einer grotesken Situation noch nicht erfasst werden. So ließ der Schily-Entwurf noch völlig offen, um welche Merkmale es sich handeln könnte. Erst eine weitere Verordnung, also eine exekutivische Maßnahme, sollte dies bestimmen. Zudem war eine bundesweite Referenzdatei vorgesehen. Sowohl Verordnungsbefugnis als auch Referenzdatei waren heftig kritisiert und schließlich aufgegeben worden. Eine einheitliche Datei, die die Menschen in ihrer ganzen Persönlichkeit registriert und katalogisiert ist nach der Rechtsprechung des BVerfG mit der Menschwürde nicht zu vereinbaren25. Daher heißt es nun explizit: >Eine bundesweite Datei wird nicht eingerichtet.<26 Die Verordnungsermächtigung wiederum erinnerte zu sehr an die nationalsozialistische Praxis. Grundrechtswesentliche Eingriffe müssen vom Parlamentsgesetzgeber selbst beschlossen werden, und dürfen nicht dem Innenminister übertragen werden. Der Begriff >Verordnung< wurde daher im Tatbestand durch >Gesetz< ersetzt, was zu der einzigartigen Situation führt, dass diese Residualnorm ein einfaches Bundesgesetz ist, welches ein weiteres solches ankündigt, ein rechtliches Nullum. Das Gesetz vollends zu streichen konnte man scheinbar, nachdem der Boden für die biometrischen Daten bereitet war, nicht mehr ins Auge fassen.

Diese Neuregelung zeigt exemplarisch, was für so gut wie alle anderen ebenso gilt: sie hätte in keiner Weise die Anschläge des 11. September verhindern können. Die Geeignetheit jedoch ist die erste Stufe der Verhältnismäßigkeitsprüfung, an welcher grundsätzlich jeder Grundrechtseingriff zu messen ist. Zudem stellt sie eine Masse von Menschen unter Generalverdacht, was die Umkehr der Unschuldsvermutung bedeutet. Vor dem Hintergrund zunehmender Videoüberwachung öffentlicher Räume und den fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten gewinnt diese Datensammlung noch eine zugespitztere Bedeutung.

Sicherheitsüberprüfungsgesetz

In die gleiche Richtung verweist das relativ unbemerkt geänderte Sicherheitsüberprüfungsgesetz27, das die Kontrolle von Arbeitskräften regelt, die eine >sicherheitsempfindliche Tätigkeit< ausüben. Bisher ging es vor allem um den Geheimschutz. Durch die Novellierung wird der Begriff der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit in den privatwirtschaftlichen Bereich hinein erweitert. Eine solche übt jetzt auch aus, >wer an einer sicherheitsempfindlichen Stelle innerhalb von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen< beschäftigt ist. Welche Wirtschaftsbereiche darunter fallen, wird nach § 34 SÜG durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung festgelegt. Nach der Begründung des Änderungsgesetzes soll es um Einrichtungen gehen, die der Versorgung der Bevölkerung (z.B. Energie, Krankenhäuser, Banken) dienen oder die für das Funktionieren des Gemeinwesens (z.B. Bahn, Post, Rundfunk- und TV-Anstalten) notwendig sind. Die Beschäftigten müssen eine Sicherheitserklärung mit einer Vielzahl von persönlichen Daten abgeben, z.B. auch über ihre LebenspartnerInnen. Der Verfassungsschutz nimmt dann eine Überprüfung vor. >Angesichts der Menge der geplanten Überprüfungen -- in den angesprochenen Einrichtungen und Bereichen ist ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung beschäftigt, hinzu kommen deren Ehepartner oder Lebensgefährten -- entsteht hier eine Datensammlung über einen großen Teil der Bevölkerung der Bundesrepublik, der über das regelmäßige Wiederholen der Sicherheitsüberprüfungen immer aktuell gehalten wird< (BT-D Hummel 2001). Dieses Gesetz ist ein weiterer Mosaikstein einer kontinuierlichen Bevölkerungskatalogisierungsstrategie28.

§ 129b StGB

Auch das Strafrecht wird zum Bestandteil jener Strategie. Mit dem § 129b StGB wird eine weitere Präventionsstrafnorm eingefügt, die die bisherigen §§ 129 und 129a StGB auf Vereinigungen im Ausland für anwendbar erklärt. Präventiv sind jene Normen deswegen, weil die Strafbarkeit weit im Vorfeld der Vorbereitung von strafbaren Handlugen ansiedelt wird: Voraussetzung ist nicht die eigenhändige Begehung einer konkreten Straftat, sondern die bloße Zugehörigkeit29 zu einer sog. >terroristischen< bzw. >kriminellen< Vereinigung Angekoppelt an diesen Paragraphen sind zudem zahlreiche prozessuale Normen, die den Ermittlungsbehörden ein ganzes Arsenal spezieller Eingriffsbefugnisse eröffnen, Postkontrolle, Telefonabhöraktionen, Observationen, V-Leute, der Große Lauschangriff etc. Angesichts der Tatsache, dass bisher weniger als 3 % der Ermittlungsverfahren mit einem gerichtlichen Urteil endeten, wurde schon § 129a StGB >Erforschungsparagraph< genannt, der das Ausforschen unliebsamer politischer Spektren ermöglichte (Holzberger 2000). Die >Straftaten gegen die Staatsgewalt< wurden immer wieder dem Stand und den Formen des politischen Widerstandes angepasst -- in Zeiten der Neuen Globalen Bewegungen geschieht dies durch § 129b StGB. Europaweit, von Genua bis Barcelona, galt bereits der >Schwarze Block< als neue >terroristische Vereinigung<.

Bereits 1998 schrieb Martin Kutscha, dass der Schwerpunkt der Gesetzesnovellen der 1990er Jahre nicht auf der Erweiterung gewaltförmiger Eingriffsbefugnisse lag, sondern auf der Aufrüstung der Sicherheitsbehörden mit informationellen Kompetenzen. Vergegenwärtigt man sich die Gesamtheit der Anti-Terror-Maßnahmen, die Sicherheitsüberprüfungen und biometrischen Daten, die Befugnis des BKA, im Vorfeld Daten zu erheben, die Möglichkeit des Verfassungsschutzes, Daten bei Banken zu erheben, die ausgeweiteten Kontrollen und Identitätsfeststellungen des BGS, Schleier- und Rasterfahndung, Videoüberwachungen, sowie die Befugnis, Mobiltelefone, Faxe, E-Mails und SMS-Textnachrichten abzuhören oder mitzulesen30, so ist dies auch auf die aktuelle Novelle übertragbar. Sie steht im Kontext des Angriffes auf die >informationelle Selbstbestimmung< als Konkretisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts31, der seit den 1990er Jahren geführt wird. Sie meint das Recht der Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte gegenüber dem Staat offenbart werden. Das BVerfG hat sie erstmals in seinem Urteil zur Volkszählung 1982 anerkannt. Es wollte eine Datensammlung verhindern, die sich zu >einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild< zusammenfügen lässt32. Die aktuellen Gesetze unterscheiden sich aber z.B. nicht prinzipiell von der 1998 eingeführten Gendatei33. Danach können mittlerweile selbst Straftaten wie einfacher Diebstahl, Körperverletzung oder Haschisch-Kauf zum Auslöser für die Zwangsabgabe eines >genetischen Fingerabdrucks< werden34. Die Bundesregierung plant nach eigenen Angaben die Erfassung von etwa 800.000 Straftätern35. Der Tagesspiegel schlussfolgerte: >Der genetische Fingerabdruck, der [...] vor allem bei Sexualdelikten und Schwerverbrechen in die Strafprozessordnung eingefügt worden ist, entwickelt sich zur genetischen Landkarte der Bevölkerung< (18.12.1999).

Eben jene Bevölkerungslandkarte ist es, die als Form postfordistischer Regierung erstellt wird. Die Dialektik zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen >Seid Subjekte< und den Sicherheitsdispositiven, wird prozessierbar gemacht in der Form der Bevölkerungskartographie. Unberechenbarkeit soll berechenbar werden, ein Frühwarnsystem in Form der Verfügbarkeit über alle nur erdenklichen Daten soll errichtet werden. Dies wäre die einzige Möglichkeit, die Verwertbarkeit der produktiven Subjekte nicht zu belasten -- und gleichzeitig Sensoren für Gefahren zu schaffen. Das erklärt auch die >Präventionalisierung< der repressiven Staatsapparate.

Der Staat verlegt sich auf Prävention und wird dadurch entgrenzt, während es der rechtstaatlichen Verfassung gerade um Staatsbegrenzung ging. Er muss nicht mehr nur manifeste Gefahren bekämpfen, sondern schon Gefahrenquellen aufspüren. Sein Informationsbedarf wächst dadurch enorm an und ist gleichzeitig rechtlich nur noch schwer regulierbar. (Grimm 2002, 48)

>Der Geist des Präventionsstaates< kann nach Prantl so beschrieben werden: >Jeder Bürger ist potenziell gefährlich; es muss also erst einmal festgestellt werden, dass er konkret nicht gefährlich ist -- er muss sich also entsprechende Überprüfungen gefallen lassen. Bisher war dies umgekehrt. Man nannte das: Rechtsstaat< (2001).

Ausblick: Integration oder Quadratur des Kreises?

Die Frage, die sich uns abschließend stellt, ist: Kann gesellschaftliche Integration so gelingen? Sind die Erstellung einer Bevölkerungslandkarte sowie die Ausweitung der Selbsttechnologien hinreichende Maßnahmen für die Integration der ausgefransten postfordistischen Gesellschaften, die stärker als die fordistischen über die Exklusion ganzer Bevölkerungsteile funktioniert? Oder aber stellt dies umgekehrt die Quadratur des Kreises, die (Soll-)Bruchstelle neoliberaler Vergesellschaftung dar?

Zunächst einmal ist es offensichtlich, dass die >Anti-Terror-Pakekte<, juristisch gesprochen, nicht >geeignet< sind, das von ihnen selbst anvisierte Ziel zu erreichen, d.h. für Sicherheit zu sorgen: der Angriff kann jeder Zeit an jedem Ort erfolgen. Außerdem scheint in einer immer individualisierteren und segmentierteren Gesellschaft, mit den hyperflexibilisierten Subjekten und ihren Kommunikationsstrukturen eine systematische Überwachung kaum möglich, denn mit diesen neuen Kommunikationsmedien und der mit ihnen verbundenen Ausweitung der Möglichkeit anonym unter diversen alias aufzutreten, ist eine Subjektrekonstruktion im Vergleich zu früher ungleich schwerer. Auch die Sicherheitskontrollen an den Flughäfen können rein technisch niemals lückenlos durchgeführt werden. Abgesehen von der technischen Unmöglichkeit absoluter Sicherheit würde dies auch Unmengen von Geld kosten, wie auch die zentrale Erfassung und Katalogisierung der biometrischen Daten der Bevölkerung, so dass mit der Datenerfassung in den nächsten Jahren nicht zu rechnen ist 36.

Andererseits wäre es möglich, dass nicht die tatsächliche Sicherheit, sondern die symbolische Sicherheit das Vergesellschaftungsmedium des Postfordismus ist.37. Dafür spräche die oben erwähnte Tatsache, dass insbesondere auf die Sicherheitsgesetze kein breiter Aufschrei erfolgte, was sich sicherlich nicht allein auf den Schock des 11. September zurückführen lässt. Das Erodieren sozialer Sicherheit soll durch repressive Sicherheit gekoppelt mit alten fordistischen Versprechen kompensiert werden. Etwa durch einen rechtspopulistischen Diskurs38, der die neoliberale Ideologie des freien Marktes mit der Stigmatisierung von >Faulen<, >Ausländern< und >Globalisierungsgegnern< koppelt. Transportiert wird dabei >die Hoffnung, innerhalb des vielbeschworenen Boots lebe man selbst dann noch besser, wenn man zu den Benachteiligten gehört. Er suggeriert die Erwartung, erfolgreiche Standortpolitik [inkl. Sicherheitspolitik, die Verf.] schaffe zu einem späteren Zeitpunkt wieder materielle Spielräume für soziale Konzessionen< (Hirsch 1995, 155). Hierin erkennbar ist der Versuch, einen >repressiven Konsens< für Bevölkerungskatalogisierungs- u.ä. Maßnahmen zu erzeugen. Zentraler Modus ist hierbei der seit den neunziger Jahren massiv in Szene gesetzte Kriminalitätsdiskurs, der den Antikommunismus als Integrationsideologie des Fordismus zu ersetzen scheint. Der Traum immerwährender Prosperität scheint nicht ausgeträumt. Das Stillhalten der Bevölkerung könnte mit der >Hoffnung< verbunden sein, die dieses ideologisch-populistische Projekt der Wiederkehr >guter, alter Zeiten< weckt. Dafür werden weitere Spaltungen, Überwachungen etc. in Kauf genommen: die guten, angepassten BürgerInnen erwerben sich so am ehesten Anrechte auf Stücke des vielleicht wiederkehrenden Wohlstandskuchens; wer sich nichts zuschulden kommen lässt, hat nichts zu verbergen und auch ein Anrecht auf materiellen Wohlstand. Was darin deutlich wird, so unsere These, ist, dass die fordistische Matrix immer noch wie ein Alb auf uns lastet. Der paternalistische Sicherheitspakt zwischen Staat und Bevölkerung existiert nach wie vor fort, auch wenn sich wie dargestellt die gesellschaftlichen Realitäten längst geändert haben.

Aber: Reicht ein solches bloßes Versprechen? Reicht die symbolische Politik der Sicherheitsgesetzgebung, die suggeriert, sie könne Sicherheit garantieren? Vor allen Dingen vor dem Hintergrund der Häufung und der immer kürzeren Abstände ökonomischer Krisen und der damit verbundenen Ausweitung von Prekarisierung und Verelendung, die verdeutlichen, dass das neoliberale Versprechen, dass jedeR schön, reich und berühmt werden kann, wenn er/sie nur die Selbsttechnologien effektiv beherrscht, nicht aufgeht. Nach Gramsci setzt die >Tatsache der Hegemonie [...] ohne Zweifel voraus, dass den Interessen und Tendenzen der Gruppierungen, über welche die Hegemonie ausgeübt werden soll, Rechnung getragen wird, dass sich ein gewisses Gleichgewicht des Kompromisses herausbildet, dass also die führende Gruppe Opfer korporativ-ökonomischer Art bringt [...]< (Gramsci 1996, Heft 13, § 18, 1567).

Die Frage, die sich stellt, lautet daher: ist dies nach wie vor eine unerlässliche Voraussetzung für ein erfolgreiches hegemoniales Projekt, einen historischen Block? Oder kann Hegemonie auch ohne dauerhafte materielle Konzessionen gelingen?

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Anmerkungen

  1. BGBl. 2002 Teil I Nr. 3 Zurück zur Textstelle
  2. Handelsblatt, 9.10.2001Zurück zur Textstelle
  3. §152 III StPO.Zurück zur Textstelle
  4. Die Möglichkeit verdachtsunabhängiger Kontrollen wird im Küstenbereich von 30 auf 50 km ausgedehnt, § 2 II Nr. 3 BGSG. Er kann außerdem an Bord deutscher Luftfahrzeuge eingesetzt werden § 4a BGSG.Zurück zur Textstelle
  5. Z.B. § 18 II Nr. 6, 37 II Nr. 4 HSOGZurück zur Textstelle
  6. § 14 III, IV HSOGZurück zur Textstelle
  7. Althusser folgend stellen die repressiven Staatsapparate die Grundlage der ideologischen dar; sie sind die notwendige Voraussetzung kapitalistischer Herrschaft (977, 119).Zurück zur Textstelle
  8. Dass die Ideologie des schlanken Staates oder seines Rückzuges de facto die Form ist, unter der der Staat sich autoritär restrukturiert, ist auch in den Sicherheitsgesetzen erkennbar.Zurück zur Textstelle
  9. Ähnlich dem >erweiterten Staat< von Gramsci, bzw. dem althusserschen Konzept der >ideologischen Staatsapparate< oder dem Topos der >materiellen Verdichtung eines Kräfteverhältnisses< von PoulantzasZurück zur Textstelle
  10. Vgl. Kritisch dazu: Das Argument 235, Heft 2/2000Zurück zur Textstelle
  11. Financial Times Deutschland vom 04.01.2002Zurück zur Textstelle
  12. Vgl. Kritisch dazu: Das Argument 235, Heft 2/2000Zurück zur Textstelle
  13. 27 % für Westdeutschland bis 1985 (Gorz 1989, 343, Fn 4) und zwischen 1991 und 2000 nochmals um weitere 6 %, IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit) Kurzbericht Ausgabe Nr. 3 v. 20.02.2001.Zurück zur Textstelle
  14. Bundesamt für Statistik 2002.Zurück zur Textstelle
  15. Bundesanstalt für Arbeit Januar 2002.Zurück zur Textstelle
  16. IAB a.a.O.Zurück zur Textstelle
  17. Vgl. Lemke 1997, 194, Fn 53.Zurück zur Textstelle
  18. Keiner hätte dies präziser aussprechen können als Kant: >Eine jede Handlung ist recht, die oder nach deren Maxime die Freiheit der Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen kann.< (337)Zurück zur Textstelle
  19. Dies kann als Gegenangriff auf das >There is no alternative< von Thatcher am Beginn des neoliberalen Zeitalters gelesen werden.Zurück zur Textstelle
  20. § 4 III, IV PassG, § 1 IV, V PersonalausweisG.Zurück zur Textstelle
  21. Art. 1 GG.Zurück zur Textstelle
  22. 5 IV f. AuslG.Zurück zur Textstelle
  23. 16 I S. 3 f. AsylVerfG.Zurück zur Textstelle
  24. Im Gegensatz zu der Regelung für deutsche Staatsbürger in § 16 VI PassG, wo es ausdrücklich heißt: >Auf Verlangen hat die Passbehörde dem Passinhaber Auskunft über den Inhalt der verschlüsselten Merkmale und Angaben zu erteilen.<Zurück zur Textstelle
  25. BVerfGE 27 (6).Zurück zur Textstelle
  26. § 4 IV S. 2 PassG.Zurück zur Textstelle
  27. § 1 IV SÜG.Zurück zur Textstelle
  28. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Arbeitgeber auf diese Weise Informationen über ihre Beschäftigten erlangen, die sie unter arbeitsrechtlichen Aspekten nicht erfahren dürften (Auskunft über Strafverfahren, finanzielle Verhältnisse oder Lebensverhältnisse)Zurück zur Textstelle
  29. Oder ihre UnterstützungZurück zur Textstelle
  30. Durch die Emailverordnung vom 23.10.2001, auf der Grundlage von § 88 Telekommunikationsgesetz.Zurück zur Textstelle
  31. Aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG.Zurück zur Textstelle
  32. BVerfGE 65, 42.Zurück zur Textstelle
  33. Bei >Straftaten von erheblicher Bedeutung< können Verdächtige und Verurteilte nach dem >DNA-Identitätsfeststellungsgesetz< zur Abgabe einer DNA-Probe gezwungen werden< (Nogala 1998).Zurück zur Textstelle
  34. ebd.Zurück zur Textstelle
  35. 26. März 2001, http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2001_085/06.htmlZurück zur Textstelle
  36. www.faz.net v. 22.02.2002Zurück zur Textstelle
  37. Mittlerweile gibt der innenpolitische Sprecher der SPD selbst zu, dass die Maßnahmen mit Terrorismusbekämpfung >nicht unbedingt etwas zu tun< haben (ebd.)Zurück zur Textstelle
  38. Wobei sich Neue Sozialdemokratie und die >europäischen Achse des Bösen< (Berlusconi, Haider, Stoiber) gegenseitig den Rang ablaufenZurück zur Textstelle
© links-netz März 2003