Home Archiv Links Intern Editorial Impressum
 
 
Neue Texte
 

Schwerpunkte

Sozialpolitik als Infrastruktur
Ende der Demokratie?
 

Rubriken

Deutsche Zustände
Neoliberalismus und Protest
Bildung
Krieg und Frieden
Biomacht und Gesundheit
Kulturindustrie
Theorie: Empire, Kommunismus und andere Angebote
Rezensionen
 
 

Anzeige

Deutsche Zustände Übersicht

 

  Nur Text    rtf-Datei    pdf-Datei 

Christian Klar und das Glühbirnenverbot

Thomas Gehrig

Zu heftig diskutierten Themen ist Stellung zu nehmen, und dies waren in letzter Zeit vor allem zwei: die Freilassung der RAF-Gefangenen und das drohende Verbot der Glühbirnen.

Hinsichtlich der politischen Orientierung der von der "Jungen Welt" initiierten Rosa-Luxemburg-Konferenz kann nach dem altbekannten Motto verfahren werden: Sage mir, welche Grußworte Du verliest, und ich sage Dir, wie Du politisch drauf bist. Da reiht sich auch das des RAFlers Klar gut ein, mit dessen Verlesung ihm die Konferenz wohl einen Bärendienst erwiesen hat. Um das politische Niveau dieses braven Grußwortes geht es uns hier gar nicht, interessant – wenn auch nicht neu – sind jedoch die Reaktionen auf ein paar lapidare Sätze.

In der Debatte um die Freilassung der RAF-Gefangenen wird mit "Reue" argumentiert. Es wird verlangt, die Gefangenen sollten sich von ihren politischen Orientierungen distanzieren, gerade auch insofern diese antikapitalistisch sind. Das Bestehen auf Reue macht politisch Sinn, wenn es um die Stigmatisierung des antikapitalistischen Feinds geht, nicht jedoch juristisch oder gar vor dem Hintergrund einer kritischen historischen oder politischen Analyse.

Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass, wer die FDGO abschaffen wolle, eigentlich in den Knast gehöre! Das Ansinnen, den Kapitalismus abzuschaffen, ist, so es denn geäußert wird, immer noch ebenso legal wie legitim (selbst für Gefangene gilt das Recht auf Meinungsfreiheit, wie der seinerzeitige Innenminister Baum in Erinnerung gerufen hat). Dessen Verbot würde selbst den hierzulande verbürgten Rechten zuwiderlaufen. Daraus ergibt sich eine eigenwillige Konsequenz: Diejenigen, die auf solchen Affirmationsgebärden bestehen, müssten folgerichtig ihre eigene Verknastung fordern! Sie selbst unterlaufen, was sie zu schützen bloß vorgeben.

Und damit sind wir beim eigentlichen Thema: dem Glühbirnenverbot. Angesichts der Möglichkeit, die uns aufgrund des Klima"wandels" prophezeit wird, in Zukunft weite Teile Norddeutschlands oder der Niederlande etc. trockenen Fußes nur mehr durch den Glasboden eines Ausflugschiffes besichtigen zu können, sind Taten gefragt. Da sich aber aus irgendwelchen Gründen in der Regel eine Mannschaft am politischen Ruder einfindet, die tun soll, aber ebenso nicht tun soll, geht es oft auch um gekonntes Scheintun: Eine symbolische Aktion dieser Art ist auch das Glühbirnenverbot. Als ihr Ersatz tritt die allseits beliebte Energiesparlampe - hier wird das Programm Name - auf. Nicht nur dass ihr Licht und ihre Form hässlich, ihr Korpus nach ihrem Ableben Sondermüll, ihr Preis wesentlich höher ist, sie wird uns auch dazu bringen, Treppen hinab zu stürzen, da sie leider einige Zeit benötigt (eine Minute), um die energiesparende Helle ins Dunkel zu bringen. Wäre es angesichts der treibhausmäßig wachsenden Menschheitsprobleme nicht einfacher und wesentlich effektiver, sagen wir den Betrieb von Automobilen, die mehr als sechs Liter Sprit verbrauchen, zu verbieten?

Moment, lieber nationalökonomisch denkender deutscher Patriot – unsere Autoindustrie muss deshalb nicht untergehen. Immer noch würde dies Individualgefährt beliebt sein und gebraucht werden. Und unsere Autoindustrie ist – wie sie selbst mit geschwellter Brust verkündet – in Sachen Spritsparen weltweit vorne. Vielleicht ergäbe sich sogar ein größerer Wettbewerbsvorteil! Und Deutschland würde vom Lande der spritverbrunzenden Autobahnraser zum Land der aggressiven Effizienzkompetenzler. Für viele sicher nur anders, nicht besser. Aber so weit wird es nicht kommen. Warum eigentlich nicht? Eine Logik des Kapitals ist hier auf den ersten Blick nicht eindeutig auszumachen – zumindest nicht aus der Perspektive der Nationalökonomie. Vielleicht geht die politische Verfahrensweise nicht immer bruchlos in den nationalökonomischen Kalkülen auf?

Sei's, wie es sei. Die Kolben aus dünnem Glas mit diesem feinen leuchtenden Draht, der so schönes Licht spendet, werden zertreten werden. Ja, es ist, nicht nur angesichts dessen, hohe Zeit, "die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden" (um es in Klars Worten auszudrücken)! Doch dies zu sagen macht hier und heute immer noch aus einem Glühbirnenretter einen unverbesserlichen Terrorist.

© links-netz März 2007