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Menschenrechtsverletzungen im Gaza-Krieg

Redaktion www.links-netz.de

Der israelische Einmarsch in den Gaza-Streifen mit seinen verheerenden Folgen liegt nur wenige Monate zurück und ist dennoch fast schon wieder vergessen. Hierzulande sind die Krise, der Milchpreis oder die Zukunft einiger Banken und Automobilfirmen zweifellos wichtiger als fast 2000 Tote – meist so genannte "unbeteiligte Zivilisten" oder im Militärjargon "Kollateralschäden"– irgendwo im Nahen Osten. Dass der Angriff auf Gaza "unverhältnismäßig" war, wurde bisweilen bedauernd festgestellt. Übergangen wird in der Regel, dass es dabei zu eklatanten Menschenrechtsverletzungen von Seiten der israelischen Armee kam. Die Invasion hatte auch mit den in Israel bevorstehenden Wahlen zu tun, wurde von der Bevölkerung breit unterstützt und führte dazu, eine extrem rechtslastige Regierung an die Macht zu bringen. Damit sind die ohnehin schon gegen Null gehenden Hoffnungen auf eine stabile Friedenslösung praktisch ausgelöscht, was wiederum einigen Hamas-Hardlinern in die Hände spielt. Auch dies ruft in der westlichen Öffentlichkeit nicht viel mehr als diplomatische Sorge aus.

Hätten die USA diesen Krieg geführt, wäre es gewiss zu einer internationalen Empörung und vielleicht auch zu massiven Protestaktionen gekommen. Im Falle Israel ist die Lage anders. Hierzulande hängt das gewiss mit dem besonderen Verhältnis zu diesem Staat zusammen. Bedeutsamer aber ist, dass die israelische Politik ein sicherer Garant für eine anhaltende Destabilisierung des nahen Ostens ist. Solange dort keine tragfähigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse bestehen, können die Konfliktgegner gegeneinander ausgespielt werden und bleibt der Einfluss der dominierenden kapitalistischen Mächte auf die für die Ölversorgung immer noch zentrale Region gesichert. Insofern steht die israelische Politik durchaus im Interesse „des Westens“. Dies ist auch die Erklärung dafür, dass kein ernsthafter Druck auf Israel ausgeübt wird, um es zur Änderung seiner Politik zu veranlassen. So gesehen ist es kein Wunder, dass Bundeskanzlerin Merkel den israelischen Angriff sofort und vorbehaltlos rechtfertigte. Sie konnte dies deshalb so unverblümt tun, weil sie weniger als andernorts in diesem Fall auf eine kritische Öffentlichkeit Rücksicht nehmen musste.

In der Öffentlichkeit waren die Toten, die Zerstörungen und Traumatisierungen schnell vergessen. Die EU zahlt ein erneutes Mal für den "Wiederaufbau" - was genau genommen ihre Art der Unterstützung der israelischen Politik ist - und eine internationale Untersuchung über Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen wird es nicht geben, weder durch den UN-Sicherheitsrat noch durch der Internationalen Strafgerichtshof, was wieder einmal beweist, dass dieser nicht sehr viel mehr als ein Instrument der mächtigen Staaten ist.

Umso wichtiger bleiben die Aktivitäten israelischer Organisationen und Personen, die sich kritisch mit der dortigen Politik auseinandersetzen. Dazu gehört, dass israelische Soldaten mit Berichten über Menschenrechtsverletzungen, wenn nicht Kriegsverbrechen an die Öffentlichkeit gegangen sind. (Vgl. den Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 19.3.2009) Dazu gehört auch, dass kurz nach Ende des Krieges eine von mehreren Nichtregierungsorganisationen getragene und staatsunabhängige Ärztekommission in den Gazastreifen gereist ist, um die Auswirkungen der Invasion zu untersuchen und insbesondere der Frage nach Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen nachzugehen. Einer gemeinsamen Einladung der israelischen Physicians for Human Rights und der Palestinian Medical Relief Society folgend, wurde die Reise von NGO-Vertretern aus Dänemark, Südafrika und Deutschland unternommen. Die deutsche NGO medico international entsandte Dr. Ralf Syring. Der Bericht dieser Kommission wurde von einigen Medien wenigstens erwähnt, ohne allerdings auf die erschreckenden Einzelheiten einzugehen. Im Internet ist der vollständige Bericht auf den Seiten von medico international zu finden. Wir verweisen hier darauf und ergänzen dies durch einen eher persönlich gehaltenen Erfahrungsbericht von Ralf Syring, der im Rundschreiben 1/2009 von medico international erschienen ist.

Im Übrigen kosten solche Aktionen natürlich Geld, ebenso wie die Hilfsprojekte, die von den beteiligten Organisationen unter äußert schweren Bedingungen in Palästina durchgeführt werden. Das Spendenkonto von medico international ist: Frankfurter Sparkasse, BLZ 500 502 01, Nr. 1800.

© links-netz April 2009