Home Archiv Links Intern Editorial Impressum
 
 
Neue Texte
 

Schwerpunkte

Sozialpolitik als Infrastruktur
Ende der Demokratie?
 

Rubriken

Deutsche Zustände
Neoliberalismus und Protest
Bildung
Krieg und Frieden
Biomacht und Gesundheit
Kulturindustrie
Theorie: Empire, Kommunismus und andere Angebote
Rezensionen
 
 

Anzeige

Krieg und Frieden Übersicht

 

  Nur Text    rtf-Datei    pdf-Datei 

Nachruf für Andreas Buro

Rudolf Walther

Während fünfzig seiner 87 Lebensjahre engagierte sich der Sozialwissenschaftler und aufgeklärte Pazifist Andreas Buro in unterschiedlichen Funktionen und Organisationen für Frieden, Abrüstung, zivile Konfliktberatung und zivilen Ungehorsam. In die Wiege gelegt wurde ihm das nicht. Elternhaus und Erziehung in der Nazizeit vermittelten dem 1928 in Berlin Geborenen so gut wie nichts von dem, wofür sich Andreas Buro als Erwachsener mit Kopf und Hand und Herz einsetzte: Frieden und Gewaltfreiheit.

1944 wurde der 16-Jährige als „Kind mit Gewehr“, wie Buro in seiner Autobiographie („Gewaltlos gegen Krieg“, 2011, Verlag Brandes&Apsel) mitteilt, als Flak-Helfer eingezogen. Nach einem Praktikum als Waldarbeiter studierte Buro zunächst Forstwirtschaft an der Humboldt-Universität und promovierte dort 1954. Mangels reeller beruflicher Chancen verließ er die DDR und studierte ab 1955 Politikwissenschaft in Frankfurt, wo er nach dem Studium von 1970 bis zur Emeritierung als Lehrbeauftragter, Privatdozent und Professor an der Goethe-Universität lehrte und forschte.

1969 gehörte Andreas Buro mit Klaus Vack u.a. zu den Gründern des „Sozialistischen Büros“ und der Zeitschrift „links“, die eine undogmatische linke Position vertrat gegen die staatssozialistischen „Marxisten-Leninisten“ und die verbiesterten Campus-Maoisten. Oskar Negt, Klaus Meschkat, Ursula Schmiederer, Elmar Altvater, Ekkehart Krippendorff, Arno Klönne, Wolf-Dieter Narr, Gerd Schäfer, Joachim Hirsch u.a. gehörten mit Buro zu den Autoren der Zeitschrift, die bis 1994 existierte.

1980 war Buro Mitbegründer und Vorstandsmitglied des „Komitees für Grundrechte und Demokratie“. Seit 1994 wirkte er als friedenspolitischer Sprecher des „Komitees“. In dieser Funktion trat er als Redner bei vielen Demonstrationen, Tagungen und Kongressen auf.

Im Unterschied zur etablierten, auf „Realpolitik“ und Regierungsberatung eingeschworenen Friedensforschung hielt er bis zuletzt fest an zivilem Ungehorsam und politischer Aufklärung. Noch in seinem letzten Kommentar für das von ihm an seinem Wohnort gegründete „Netzwerk Hintertaunus“ wandte er sich vehement gegen die chimärische Identifizierung von „Sicherheit“ und „Militär“ und verwies auf die desaströse politische und menschenrechtliche Bilanz von den als „humanitäre Interventionen“, „Militäroperationen“ oder „Krieg gegen den Terror“ etikettierten Kriegseinsätzen. Als aufgeklärter Pazifist wandte er sich früh gegen Apologeten eines atomaren Präventivschlags Israels gegen das Mullah-Regime im Iran und freute sich über das Zustandekommen des atomaren Abrüstungsvertrags mit dem Regime im Iran als Beispiel geduldiger „ziviler Konfliktbearbeitung“ gegen militaristisches Säbelrasseln und Scharfmacherei. Buro war kein blauäugiger Herz-Jesu-Pazifist, sondern ein rational argumentierender, kritischer Intellektueller, der gegenüber wohlfeilen militärischen und realpolitischen Slogans à la mode, gegenüber dem Boulevard-Journalismus und gegenüber den Stammtisch-Strategen darauf bestand, dass es immer Alternativen zu Gewaltlösungen gibt und dass es sich nicht nur lohnt, danach zu suchen, sondern staatsbürgerliche Pflicht ist.

Mit dem Namen keines anderen deutschen Intellektuellen ist der Kampf gegen Militarismus und Aufrüstung so eng verbunden wie mit dem von Andreas Buro. 2008 wurde er mit dem Aachener Friedenspreis geehrt, 2013 mit dem Göttinger Friedenspreis. Von der Ostermarschbewegung („Kampf dem Atomtod“) in den 50er über die Kriegsdienstverweigerer-Kampagnen der 60er bis zur Friedensbewegung der 80er Jahre gegen die „Nach“rüstung war Buro eine Schlüsselfigur. In einer informativen Broschüre unter dem Titel „Geschichten aus der Friedensbewegung“ dokumentierte er 2005 Erfahrungen und Anekdoten aus dem Kampf dieser Bewegungen. – Am 19. Januar ist Buro an seinem Wohnort in Hundstadt/Hintertaunus an einem Krebsleiden gestorben.

© links-netz Februar 2016