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„Ich finde, eine Rüge für Clement hätte genügt“
Rudolf Walther
Auch die deutsche Sozialdemokratie geht mit der Zeit. Das
heißt, in den sozialwissenschaftlichen Jargon à la mode
übersetzt, sie differenziert sich. Ins Deutsche rückübersetzt:
man spezialisiert sich, und damit werden jede Menge Sozial- zu aparten
Spezialdemokraten.
Zum Beispiel der Pilati-Demokrat Rudolf Scharping, der
sich, wenn er nicht gerade mit dem Rad herumfuhr, am liebsten mit dem
nichtigsten Kleinadel in irgendwelchen Swimmingpools herumtrieb, während
„seine“ Soldaten irgendwo „unsere“ Freiheit verteidigten
oder gleich „Auschwitz“ verhinderten. Verglichen mit solchen
Schwerenötern sind Knut-Demokraten wie Sigmar Gabriel ziemlich harmlos,
denn sie geben nur vor, die Eisbären – und das globale Klima gleich
mit – durch relativ billige Auftritte in Zoos zu retten. In obligaten
Gummistiefeln.
Ernsthafter wird es schon beim Gazprom-Demokraten
Schröder – der sorgt dafür, dass das demokratische Prinzip ins
putinische rückübersetzt wird. Und hier sind kritische Journalistinnen
ebenso wenig vorgesehen wie die Pressefreiheit – schlicht
Kollateralschäden des Spezialdemokratismus. Der RWE-Demokrat Wolfgang
Clement ist ein gelehriger Schüler des Gazprom-Demokraten und backt vorerst
eher kleine Brötchen. Im Namen seines RWE-Herrn verkündet der
Honorar-Knecht vor den Hessen-Wahlen, allein wegen ihrer Energiepolitik –
gegen das Atomkraft-Oligopol, von dem sich RWE-Demokrat Clement aushalten
lässt –, sei Frau Ypsilanti nicht wählbar. Wenn die SPD partout
untergehen will, braucht sie noch mehr solcher Spezial-Demokraten und darf
Clement, Schily, Scharping, Schröder und Co. keinesfalls
ausschließen. Nur mit denen wird die große Koalition zum
Dauerzustand, denn die garantieren, dass die SPD immer hier, aber auch dort
ist.
Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) verlegte die bislang
kleinliche Beck-Nahles-Müntefering-Wowereit-Debatte darüber, worum es
im sozialdemokratischen Geschäft geht, ins exklusiv spezialdemokratische
Kerngeschäft. Dem kruden Pack, das über gestiegene Energiepreise
klagt, riet der spezialdemokratische Berliner Senator, „mit einem dicken
Pullover“ auch bei Zimmertemperaturen von 15 oder 16 Grad auszuhalten bzw.
„vernünftig“ weiter zu leben. Damit kommt der
Spezialdemokratismus an eine Grenze, an der nur noch vernünftige
Vorschläge helfen: Konsequent durchstarten.
Zwei Vorschläge dazu
hätten wir da anzubieten. – Was heißt hier 15 oder 16 Grad?
Wenn man die Wohnungstemperaturen auf Null sinken lässt, brauchen die
Hartz-Leute im Winter auch keinen Kühlschrank mehr. Und das bringt der
Hartz-Verwaltung („Energieeinsparung!“, „Klimaschutz!!“,
„Knut!!!“) Geld in die Kasse, wenn die Übergangs- und
Kontrollzeiten, in denen Kühlschränke betrieben werden dürfen,
Tag und Nacht lückenlos und scharf überwacht und Übertretungen
(ein Tag Kühlschrank zu viel bewirkt automatisch eine Woche Hartz-Entzug)
scharf geahndet werden. Für die lückenlose Überwachung solcher
Regeln stehen Millionen von 1-Euro-Jobbern erfolgssichernd in der Wartestellung.
Wer will heute schon abseits stehen beim
„Klimaschutz“?
Gewinnbringender erscheint ein zweiter Vorschlag:
Sozialdemokratisch regierte Kommunen horten – restlos verantwortungslos
– finanziell unverwertete Schätze – zum Beispiel die
zahlreichen Schulhäuser in besten Lagen, die für allerhand Investoren
lukrativ sind. Also müssten die hoch verschuldeten Kommunen doch nur die
Schulen auf wertlose Grundstücke in der Nähe von Autobahnkreuzen
verlegen und die auf Filetstücken gelegenen innerstädtischen Schulen
an Investoren verkaufen, um ihre Schuldenlast zu tilgen. Um den Transport der
Schüler aus den Städten zu den Autobahnkreuzen würden sich dann
sehr engagiert die Energie-Spezialdemokraten von Schröder bis Clement
kümmern und Zypries/Schäuble/Jung könnten auch noch davon
profitieren, denn Schulen an Autobahnkreuzen lassen sich aus der Luft gegen den
„internationalen Terrorismus“ besser überwachen als solche in
Innenstädten.
Vom Spezialdemokratismus lernen, heißt siegen lernen
– aber nur wenn die Konservativen pennen.
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